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mehren, wie wir dies zur Zeit des Rheinbundes erlebt haben.
Den großen Verpflichtungen, die uns die Bundesverfassung
auferlegt, stehen keine entsprechenden Vorteile gegenüber; denn
die Existenz der kleineren deutschen Staaten, die sich in Würz-
burg koaliert haben, ist zwar durch die Macht Preußens ver-
bürgt, nicht aber ebenmäßig die Zukunft Preußens. Unser
Vertrauen beruht daher wesentlich auf uns selbst und auf
der Kraft des eigenen und des deutschen Nationalgefühls.
Außerdem involviert die Verteidigung der Integrität Preußens
und die Verhinderung einer Machtausdehnung Frankreichs
ebenso ein europäisches als ein preußisches Interesse, und weder
Rußland noch England werden in der Lage sein, einen sieg-
reichen Krieg Frankreichs gegen Deutschland teilnahmslos an-
zusehen.“
Petersburg, Anfang Mai 1862.
Unterredung mit Kaiser Alexander II. von
MRusßland, betreffend die volnische Frage.)
Zu der Zeit, wo Bismarcks Abberufung vom Peters-
burger Botschafterposten schon wahrscheinlich war, hatte er
mit dem Kaiser Alexander II. eine Unterredung, bei welcher
letzterer sich nicht abgeneigt zeigte, Polen teilweise aufzu-
geben; wenigstens das linke Weichselufer mit Ausnahme von
Warschau, das immerhin als Garnison in der Armee seinen
Reiz hätte, und strategisch zu dem Festungsdreieck an der
Weichsel gehöre.
Als Bismarck äußerte, daß er seine Abberufung bedaure
und gern in Petersburg bleiben würde, veranlaßte dies den
Kaiser mißverständlich zu der Frage, ob er geneigt sei, in
russische Dienste zu treten. Bismarck verneinte das höflich unter
Betonung des Wunsches, als preußischer Gesandter in der Nähe
Sr. Majestät zu bleiben.“)
*) Bismarck, „Gedanken und Erinnerungen“, Bd. I S. 308.
**) Durch die Blätter ging seiner Zeit eine Unterredung