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Berlin, 23. Juni 1871.
Unterredung mit Dr. Moritz Busch, betreffend
eine Belästigung des Kanzlers.“
Unter Bezugnahme auf ein Entrefilet in der „Volks-
zeitung"“ erzählte Bismarck M. Busch: „Ein ungewöhnlich
schmieriger Mensch, offenbar ein Jude, kuam, als ich aus dem
Reichstage nach Hause ging, auf mich zu und sagte, er wollte
Audienz bei mir. Ich wies ihn ab. Er blieb aber neben mir
und redete weiter auf mich hinein, ich würde doch einem
deutschen Schriftsteller so was nicht abschlagen, er hätte mir
Wichtiges mitzuteilen. Doch, sagte ich, ich gebe deutschen
Schriftstellern niemals Audienzen. Er folgte mir aber
immer noch und rückte mir, indem er weiter sprach, so dicht
auf den Leib, daß er mir einen Sporn abtrat. Ich drehte
mich um und wollte tätlich werden; da nahmen ihn die
Schutzleute in Empfang.“)
*) M. Busch. Tagebuchblätter, Bd. II, S. 265.
"*.) Nach der „Voßischen Zeitung“ Nr. 153 v. 27. Juni 1871,
soll Bismarck geäußert haben: „Ich halte die Fusion der beiden
bourbonischen Linien für tatsächlich undurchführbar. Nehmen
wir einmal an, der Graf won Chambord habe den redlichen
Willen, sie durchzuführen, er akzeptiere mit dem Throne auch alle
die Beamten, die ihm Herr Thiers übergibt, dann steht es doch
außer Zweifel, daß er nach noch nicht acht Wochen vo#n seinen
Intimen dazu getrieben wird, alle höheren orleanischen Beamten,
vor allem die orleanistischen Präfekten zu entlassen. In demselbem
Augenblick aber, wo er dies tut, ist der Bruch zwischen den beiden
Linien der Bourbonen in der alten Schroffheit wieder da.“