Full text: Also sprach Bismarck. Band II. 1870 - 1888. (2)

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Berlin, 3. Juli 1871. 
Unterredung mit dem Professor und späteren 
Geh. Leg.-Rat Ludwig Aegidi, betreffend dessen 
Aufgaben als politischer Preßdezernent, die Auf- 
hebung der katholischen Abteilung im Kultus- 
ministerium.“ 
Bismarck: „Wir haben uns gegenseitig erwartet! Sie 
dachten, ich müßte Sie rufen lassen; ich meinte, Sie würden 
von selbst kommen.“ Bismarck wies Aegidi einen Platz an 
seinem Schreibtisch ihm gegenüber an und fragte, ob er rauche; 
auf eine bejahende Antwort suchte Bismarck nach einer Zigarre, 
fand aber keine, worauf er die Glocke zog, und die Fürstin 
erschien. Als Bismarck Aegidi seiner Gemahlin vorstellen 
wollte, hieß sie ihn als alten Bekannten willkommen. Mittler- 
weile hatte Aegidi die Zigarren in einem Becher entdeckt; 
der Fürst reichte ihm Streichhölzer und begann, nachdem seine 
Frau sich zurückgezogen hatte, Aegidi zunächst in seine Auf- 
gabe als Preßdezernent einzuführen. „Der leitende Staats- 
mann hat sich mit der öffentlichen Meinung durch die Presse 
ins Benehmen zu setzen; mit ihr regelmäßig zu verkehren; 
dazu fehlt mir, dem mit Geschäften Ueberbürdeten, die Zeit 
und die Kraft. Ich bedarf dazu eines Sprachrohres, eines 
Vermittlers, der gleichsam bei der öffentlichen Meinung be- 
glaubigt ist. Darin liegt der Zweck und die Aufgabe Ihres 
Dezernats.“ 
Im Vordergrunde der öffentlichen Interessen befanden 
sich damals die Verhältnisse von Staat und Kirche. Seiner 
Stellung zu ihnen, insbesondere zur römisch-katholischen Kirche, 
widmete Bismarck eine umfassende, erschöpfende Mitteilung. 
„Sie wissen, wie die vage Allgemeinheit der Ausdrücke der 
preußischen Verfassungsurkunde von 1850 über die „Frei- 
“) Nach der Darstellung Aegidis in der „Deutschen Revue“, 
XXIII. Jahrgang, Bd. IV, Seite 106. 
 
	        
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