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Berlin, 11. März 1873.
Unterredung mit Gontaut-Biron, betreffend die-
selbe Frage.“
Bismarck hatte Gontaut-Biron verständigt, er wünsche ihn
zu sprechen, seine Zeit sei aber derart in Anspruch genommen,
daß er den Botschafter weder auf der Botschaft noch im Mini-
sterium sprechen könne, weshalb er ihn bat, ihn im Herren-
hause aufzusuchen, wohin ihn die Verhandlungen über die kirchen-
politischen Fragen riefen.
Gontaut-Biron fand sich um 3 Uhr im Herrenhause ein
und traf dort den Kanzler sehr erregt, nervös und ermüdet, da
er vierundzwanzig Stunden ohne Schlaf zugebracht hatte;
außerdem war er unzufrieden mit den nichtssagenden, und un-
vollständigen Depeschen, welche ihm Graf Arnim geschickt. „Die
Dinge machen in Paris keinen Fortschritt; infolgedessen bin
ich gewillt, sie selbst mit Ihnen zu Ende zu führen, wie ich Ihnen
bereits am Schlusse Ihres letzten Besuches angekündigt habe.
Man hat von der deutschen Regierung in Frankreich eine
falsche Auffassung. Viele sonst gut gesinnte Leute haben uns
im Verdacht, wir hätten hinsichtlich des unterzeichneten Ver-
trages Hintergedanken, und wir seien entschlossen, ihn nicht
zur Ausführung zu bringen. Wäre dem aber so, so würden wir
bald von Europa in Acht und Bann getan werden. Kein Staat
möchte mehr mit uns verhandeln. Ich habe den König der
Belgier in einer gewissen Zeit sehr präokkupiert gefunden
wegen der Gerüchte, die von der Annektierung seines Landes
sprachen. Er befürchtete Arrangements zwischen Preußen und
Frankreich, und ersuchte mich, einen Vertrag zu unterzeichnen,
demgemäß Preußen jedes Projekt dieser Art untersagt sein
sollte. Ich sagte ihm, daß die von ihm befürchtete Kom-
bination ebenso unmöglich sei, als der Vertrag, den er von
"4) A. a. O., S. 275—280.