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und namentlich überschätzen Sie seine Wirksamkeit in der kon-
servativen Fraktion, wenn Sie bei der obigen Erklärung stehen
bleiben wollen.“
Bismarck: „Ich überschätze den Bodelschwingh in seiner
Gefährlichkeit nicht, wissen Sie, was er ist? Er ist der Fuchs,
den man glaubt, totgeschossen zu haben, den man über die
Schulter schmeißt, um ihn nach Hause zu tragen, und dann beißt
einen das Biest hinten in die Wade.“
Diest: „Jedenfalls aber beißt solcher Fuchs keinen Hasen
mehr tot.“
Bismarck: „Das sagen Sie nicht, dann kennen Sie Bodel-
schwingh schlecht; der wirkt langsam, aber sicher mit seinem
Gift; ich sehe es ja, wie er in den Sitzungen mal den einen,
mal den anderen in die Ecke nimmt und dann leise ihm allerlei
Märchen über mein Tun und Lassen vorerzählt und dabei lügt,
wie gedruckt.“
Diest: „Sie sind hart und mißtrauisch in Ihrem Urteil;
freilich haben Sie mich neulich mit Bodelschwingh in der
Reichstagssitzung verhandeln sehen, aber wir haben nicht ent-
fernt von Ihnen gesprochen, sondern von den Enkeln des
von Ihnen verehrten Mannes, meines Onkels, deren Vormund
ich bin; ich sah wohl, daß Sie uns bei dieser Verhandlung
fixierten, aber Sie können sehen, wie sehr Sie sich geirrt haben.“
Bismarck: „So? das mag sein, aber über den Charakter
von Bodelschwingh täusche ich mich doch nicht, wie er voll Lügen
stectt, hätten Sie mit mir erleben sollen. Als wir kaum zu-
sammen Minister geworden waren, ging er mit mir in eine
Staatsministerialsitzung und wollte mir beweisen, daß er in
einer Sache mir gegenüber recht habe, da er sich doch auf das
Zeugnis des Herrn v. Kleist-Retzow berufen könne, den er an
demselben Morgen gesprochen habe. In der Sitzung fragte
ich Roon, ob er v. Kleist-Retzow schon gesehen habe, da ich
soeben erfahren, er sei in Berlin; Roon antwortete erstaunt,
daß er einen Brief von Kleist aus Süddeutschland erhalten
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“, Band II. 12