Contents: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

Sechsundzwanzigstes Kapitel. 
Intriguen. 
1. 
Graf Harry Arnim vertrug wenig Wein und sagte mir 
einmal nach einem Frühstücksglase: „In jedem Vordermanne 
in der Carriere sehe ich einen persönlichen Feind und behandle 
ihn dementsprechend. Nur darf er es nicht merken, so lange 
er mein Vorgesetzter ist.“ Es war dies in der Zeit, als er 
nach dem Tode seiner ersten Frau) aus Rom zurückgekommen, 
durch eine italienische Amme seines Sohnes in roth und gold 
Aufsehn auf den Promenaden erregte und in politischen Ge- 
sprächen gern Machhiavell und die Werke italienischer Jesuiten 
und Biographen citirte. Er posirte damals in der Rolle eines 
Ehrgeizigen, der keine Scrupel kannte, spielte hinreißend Klavier 
und war vermöge seiner Schönheit und Gewandheit gefährlich 
für die Damen, denen er den Hof machte. Diese Gewandheit 
auszubilden, hatte er frühzeitig begonnen, indem er als 16jähriger 
Schüler des Neustettiner Gymnasiums von den Damen einer 
wandernden Schauspielertruppe sich in die Lehre nehmen ließ 
und das mangelnde Orchester am Clavier ersetzte, nachdem er 
schon früher das Cösliner Gymnasium aus Gründen, welche 
das Lehrercollegium seiner sittlichen Haltung entnahm, hatte 
verlassen müssen?. 
1) Elisabeth Luise von Prittwitz, gest. 22. Dec. 1854. 
:) Aus den Acten des Cösliner Gymnasiums geht hervor, daß die 
Gräfin Friederike von Arnim mit Brief vom 25. September 1839 der 
Direction meldete, daß sie „nach allen Unannehmlichkeiten, die ihr Sohn 
sich in Cöslin zugezogen habe, es am besten finde, ihn von dort fort- 
zunehmen“.
	        
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