— 208 —
davon her, weil ich es mir im geschäftlichen Verkehr der
deutschen mit der französischen Diplomatie zum Grundsatz ge-
macht habe, daß der deutsche Vertreter immer entgegen-
gesetzt, der Instruktion seiner französischen Kollegen handelt.“
Auf den Einwurf des Prinzen Orloff, dies sei ja ein
wahrer Kriegszustand, erwiderte Bismarck: „Zugegeben, so
lange Frankreich aber Deutschland gegenüber jenes Maß von
Bitterkeit und Feindseligkeit zeigt, das sich jetzt überall fühl-
bar macht, gibt es für uns keine andere Maxime. Trotzdem
will ich den Krieg nicht, es wird nicht dazu kommen, und
kein vernünftiger Mensch kann mir diese Absicht zuschreiben.
Sagen Sie dies recht laut in Belgien, wohin Sie sich be-
geben.“
Anfangs April 1874 hatte Bismarck, der zu Bette lag,
weil er Füße und Kniee nicht gebrauchen konnte, vier Kon-
ferenzen mit dem Abgeordneten v. Bennigsen zur Ausgleich-
ung des Konfliktes in der Militärfrage.“)
Berlin, 19. April 1874.
Unterredung mit dem sächsischen Minister Frh. v.
Friesen, betreffend Deutschlands Interesse im
Orient, die Ursache von Bismarcks Krankheit und
*) Hermann Onken Rud. v. Bennigsen, Bd. II, S. 260.
Als Blankenburg im April 1874 am Krankenbett des Kanzlers
saß, erkannte er, daß diesem die Falksche Kirchenpolitik immer
mehr widerstrebte. Denn er schrieb am 5. Mai darüber an Kleist:
„Bismarck findet sich in dem Stadium, daß er sich innerlich
die Schuld an den Maigesetzen (II1) abstreift. Es wäre nach
meiner Meinung daher gar nicht so schwer, den kreisenden Falken.
zum Niedergang zu bringen.“ — Kleist-Retzow: Ein Lebensbild
von Dr. Hermann v. Petersdorff, S. 416.