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innere Reichspolitik ausdehnen werde, braucht man nicht zu
sprechen. Den Bundesratssitzungen regelmäßig anzuwohnen,
bin ich durch meine Gesundheitsverhältnisse verhindert. Kom-
men in einzelne Sitzungen erregt Aufsehen; auch habe ich den
Faden verloren.“
2. Dezember 1875.
Verlauf derselben Unterredung nach dem Referat
des sächsischen Ministers Frh. v. Friesen.“
Mittnacht und Friesen waren nicht in der Lage, Pfretzschners
Anregung wegen des periodischen Zusammentritts des diplo-
matischen Ausschusses des Bundesrats unterstützen zu können;
beide sprachen aber wiederholt den angelegentlichen Wunsch
aus, daß ein Weg gefunden werden möge, auf welchem die
Regierungen wenigstens der größeren deutschen Staaten von
dem allgemeinen Stande der europäischen Verhältnisse in
Kenntnis gesetzt und insbesondere von solchen allgemein wich-
tigen Fragen und dem möglichen Ausgang derselben wenig-
stens so weit unterrichtet werden könnten, als dies im speziellen
Interesse ihrer Länder des Handels und der Industrie der-
selben wünschenswert sei.
Bismarck ging hierauf auch bereitwillig und pollständig
ein, wiederholte, was er bereits früher oft ausgesprochen,
daß er diesen Wunsch vollkommen verstehe und für durchaus
gerechtfertigt halte, fügte aber auch noch bei, daß er selbst
wiederholt schon das Bedürfnis gefühlt habe, sich über ge-
wisse politische Fragen mit den Ministerien der größeren Bun-
desstaaten in Vernehmung zu setzen, teils weil es ihm selbst
eine Beruhigung gewähre, zu wissen, daß er sich mit den An-
sichten seiner Bundesgenossen in Uebereinstimmung befinde,
teils um die Wünsche oder Bedenken kennen zu lernen, die
*) Freiherr v. Friesen, Erinnerungen, Bd. III, S. 216.