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tracht gezogen werden konnte. Wir ließen keinen Zweifel, daß
eine weitere Verschleppung nicht statthaft sei in einer Angelegen-
heit, wo die Ehre der deutschen Vertretung engagiert war.
Die Erfüllung der Forderung wurde schließlich ohne Trübung
der Verhältnisse zur Türkei erreicht. Das ganze Vorgehen wird
eine gute Wirkung haben zum Schutze der Christen und zur
Hebung des Ansehens der Deutschen im Orient.“
Varzin, 30. August 1876.
Unterredung mit dem Geh. Legationsrat Bucher,
betreffend die Finanzlage des Reiches und die
Steuervorlagen.
Bismarck war auf einen in der Nr. 401 der „National=
zeitung“ reproduzierten Artikel der „Danziger Zeitung“ auf-
merksam geworden, wonach die Ansicht bestand, daß die Reichs-
verwaltung am Schlusse des Jahres mit einem erheblichen
Ueberschusse abschließen dürfte, woran sich die Ausführung
reihte, daß es bei der günstigen Finanzlage des Reichs für
die Aufstellung des nächsten Reichshaushaltsetats der Auf-
suchung neuer Einnahm Squellen nicht bedürfe.
Bismarck: „Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht,
so hat der Staatsminister Hofmann") in einer vorläufigen
mündlichen Aeußerung die Bilanz des Reichsetats weniger
günstig geschätzt; ich möchte von demselben, sobald sich
die Finanzlage übersehen läßt, eine Uebersicht der mut-
maßlichen Ausgaben und der zu deren Deckung disponiblen
Mittel.““) Nach den mit dem Reichstag gemachten Er-
*) Die Finanzen des Reichs wurden damals noch von dem
Reichskanzleramt wahrgenommen.
"*) Bismarcks Argwohn war nur zu sehr begründet; an
Matrikularbeiträgen waren nach dem Beschlusse des Bundesrates
vom 1. Mai 1877 81.044.171 Mark zu decken. Bismarck ging
an den nächsten Reichstag nicht mit neuen Steuerprojekten heran.