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Bismarck: „Ich habe an sich nichts gegen die Ueber-
weisung der Preßdelikte an die Geschworenen, halte sie politisch
nicht für gefährlich, will aber kein Privilegium zugunsten der
Presse. Will man durchaus die Zeitungsredakteure nur durch
Geschworene aburteilen lassen, so ahnde man ihre Vergehen
mit den Verbrecherstrafen — nicht unter fünf Jahren — und
sie kommen ja von selbst vor die Geschworenen. Damit bin ich
einverstanden. Aber ich kann nicht zugeben, daß eine gedruckte
Injurie ein Privilegium haben soll vor einer gesprochenen oder
realiter ausgeführten. Im übrigen hege ich die lebhafteste
Sympathie für die bayrischen Abgeordneten und ihr Verhalten,
das ich vollkommen verstehe.“)
Berlin, 3. Dezember 1876.
Unterredung mit dem Botschafter Gontaut-Biron,
betreffend die ministerielle Krisis in Frankreich,
die republikanische Staatsform.
Gontaut fragte Bismarck, wie es um seine Gesundheit
stehe, und erinnerte an die Veranlassung, die ihn bewogen
hatte, seinen Landaufenthalt aufzugeben.
Bis#marck: „Ich bedaure lebhaft, drei Wochen verloren
zu haben, die ich noch in Varzin zuzubringen gehofft hatte, und
die für meine Gesundheit so notwendig gewesen wären. Ich bin
nach Berlin gekommen, um den Marquis von Salisbury zu
sehen,““?“) nicht wegen des Parlamentes. Dort berät man
.) 28. November. Unterredung mit Tiedemann, betr. das
Halten der Bismarck bekämpfenden „Deutschen Reichsglocke“ im
Palais des Kaisers, des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich
Karl. A. a. O., S. 92.
% Dernières Années de I’Ambassade de Mr. de Gontaut-
Biron, Paris 1907, S. 366.
*““) Zusammenkunft am 22. und 23. November 1876.
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