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Der Hausminister Schleinitz ist, nachdem er in den aus—
wärtigen Angelegenheiten seine vollständige Unfähigkeit do-
kumentiert hatte, durch die Gnade Ihrer Moajestät auf seinen
jetziigen Posten gelangt. Aber seine Erfolge lassen auch hier
zu wünschen übrig. Weil er von Vermögensverwaltung nichts
versteht, weiß er aus dem Hausvermögen nur sehr unbedeutende
Revenüen zu ziehen. Da er aber stets zur Hofopposition, zur
Bonbonniere gehört hat, ist er bei Augusta sehr wohl gelitten.
Sein Salon war 1866 der Sammeldplatz der Oesterreicher,
und 1870 gingen die Franzosen bei ihm aus und ein und
gaben sich Rendezvous. Wo irgend gegen mich intriguiert
wurde, war er gewiß dabei. — Ein andrer von der Gesellschaft
ist Gruner, der nicht bloß unfähig, sondern auch leidenschaftlich
ist. Den hat sie am Geburtstag des Kaisers zum Wirk-
lichen Geheimen Rate machen lassen — durch bloßes Handbillet
ohne Gegenzeichnung eines Ministers — Belohnung seiner
feindseligen Gesinnung gegen mich. — Dann haben wir da den
Stillfried, den Grafen Goltz und den Nesselrode, die alle mit
in die Bonbonniere gehören, und mit Augusten gegen mich und
meine Politik Intriguen spinnen und den allergnädigsten Herrn
gegen mich einzunehmen suchen. Goltz, General der Kaval-
lerie, ist ein Bruder des ehemaligen Pariser Gesandten, dessen
Erbschaft des Hasses gegen mich er ohne beneficium inventarii
angetreten hat. Nesselrode, der Oberhofmeister, ist ein be-
kannter Ultramontaner, dessen Beziehungen zu ehlsens
„Reichsglocke“ bei Gelegenheit des Prozesses gegen letzteren an
den Tag kamen, und der bei den Beratungen der Redaktion
bei Olbrich Sitz und Stimme hatte. Unmittelbar nach diesem
elenden Skandal kriegt er einen der höchsten Orden, wodurch
bestätigt wurde, daß jenes unsaubere Blatt vom Palais aus
begünstigt worden war. Stillfried, der Heraldiker und Zere-
moniolog, auch katholisch, war anfangs gemäßigt, später aber
trat er — vermutlich infolge von Rüffeln der Kaiserin —
ebenfalls auf die fanatische Seite. Endlich dürfen die beiden
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