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So hat der Kaiser auch durch eine eigene Kabinetts—
ordre die Aufnahme von gegen Rußland gerichteten allzu—
scharfen Preßartikeln untersagt, während die Beamten doch
nur kontrasignierten Befehlen Folge zu leisten haben. Ich
fürchte, daß ich in meinem Leben zu sehr Höfling gewesen bin,
was daher rühren mag, daß ich der Nachkomme einer ganzen
Zahl früherer Rittmeister bin, welche übrigens ihre Lehen
von Kaiser Ludwig dem Bayern erhalten hatten. Dies habe
ich einmal dem jetzt regierenden König von Bayern mit dem
Zusatz geschrieben, daß ich niemals etwas gegen das Haus
Wittelsbach unternehmen würde. Der König ist immer sehr
freundlich gegen mich, vermeidet aber eine persönliche Be-
gegnung.“
Bismarck kam auch auf die Reise des bayerischen Ober-
stallmeisters Grafen Holnstein nach Versailles Ende Novem-
ber 1870 zu sprechen und erzählte, daß er damals, nachdem
er mit dem Grafen scharf pokuliert, denselben mit einem
schnell und schlecht geschriebenen Briefe an den König Ludwig
nach Hause geschickt habe. „Der König hat den Brief im
Bette gelesen und alsbald seine Zustimmung zu meinem Vor-
schlag gegeben. Meine Vorliebe für Holnstein kommt daher,
daß derselbe die damals nicht so einfache Reise so schnell
zurückgelegt und seinen Auftrag so prompt vollzogen hat.
— JIch werde nun in Wien mit Andrassy ein redigiertes In-
strument vereinbaren und dieses dann unserem Kaiser vorlegen,
der einzelnes daran noch ändern kann. Erteilt der Kaiser
seine Genehmigung nicht, so bin ich entschlossen zu gehen;
Bülow'") und Bucher““) werden auch nicht bleiben. Ich
schmeichle mir, die deutschen Regierungen werden mich jetzt
nicht gerne scheiden sehen, auch mir würde es in diesem kri-
*) Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.
*#) Lothar Bucher, Geh. Leg.-Rat, damals der älteste vor-
tragende Rat inn der politischen Abteilung des Auswärtigen
Amtes.