Full text: Also sprach Bismarck. Band II. 1870 - 1888. (2)

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Die Familie ist dort ansässig, durchaus ehrenhaft und an— 
gesehen, auch vermögend. Mein Fritz verliebt sich sofort ganz 
toll und will nicht Vernunft annehmen. Es nützt aber doch 
alles nichts, sie ist doch nun einmal bürgerlich, dagegen kann 
man nichts tun und unsere Familie hat ihren Stammbaum 
bisher immer rein erhalten, wir können doch jetzt nicht —“ 
Bismarck: „Zum Kuckuck mit ihrem Stammbaum. Dan- 
ken Sie doch Gott, daß Ihr Junge, hätte es übrigens dem 
Herrn Gardeleutnant gar nicht zugetraut, so verständig ist. 
Hat Geschmack. Was Stammbaum, dem wird mal ein bischen 
frisches Blut gut tun. Seien Sie froh, daß es gesundes deut- 
sches Blut ist! Oder wäre es Ihnen lieber, er brächte Ihnen 
so ein Fräulein von Lilienfeld oder Veilchenstein aus der 
Tiergartenstraße? Nein, nein, ich bin wahrhaftig auch stolz 
darauf, ein preußischer Edelmann zu sein, muß mir noch oft 
genug im Reichstag den Junker vorwerfen lassen, aber in 
diesem Fall, mein Lieber, da scheinen Sie mir doch zu eng- 
herzig zu sein. Was wollen Sie denn! Die Familie ist 
gut, sagen Sie selbst, die Verhältnisse ebenfalls, na und das 
Mädchen doch erst recht! Da ist Rasse drin, Vollblut! Ver- 
lassen Sie sich auf mich alten Praktikus. Kommen Sie, lieber 
Freund, überlegen Sie sich die Sache nicht zu lang, machen 
Sie die Leutchen glücklich, und beim ersten Jungen stehe 
ich Pate! Mein Wort darauf!“ 
Nach diesen heftig hervorgesprudelten Reden verabschiedete 
sich der Reichskanzler allerseits und verschwand in der Tür 
der Saline.“) 
*) Durch diese Unterredung wurde der Schmied des Reichs 
auch der Schmied des GElücks des jungen Mädchens, sie wurde 
bald Freifrau und das Ideal einer echt deutschen Frau und Mutter. 
— Noch ein anderer Kissinger Vorfall aus der Zeit nach dem 
Kullmannschen Attentat (13. Juli 1874) möge hier erwähnt werden. 
Bismarck äußerte damals, dieses erste Attentat sei nichts gewesen 
im Vergleich zu dem darauf folgenden zweiten, dem Attentat der 
gesamten Kurgäste, die den Geretteten mit ihren Freudenbezeu- 
 
	        
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