— 447 —
tan habe und sich als Großmacht nicht dem aussetzen könne,
daß seinem Vorschlag entgegengearbeitet würde oder daß er
durchfalle.
Ueber Gortschakow und dessen „eitle, persönliche und
nächstenfeindliche Politik“ schalt Bismarck in sehr deutlichen
Ausdrücken. „Warum hat Rußland nicht im Orientkkriege
mit der orientalischen Frage aufsgeräumt? Warum sind die
Russen nicht in Konstantinopel eingezogen? England kann
Rußland doch keine Furcht einflößen und Oesterreich hat nichts
getan. Ich bin übrigens auch jetzt noch für eine friedliche
Aufteilung der Balkanhalbinsel zwischen Oesterreich und Ruß-
land, etwa in der Weise, daß Salonichi noch an Oesterreich
fällt. Ich habe sowohl auf der einen, als auf der anderen Seite
angeklopft, aber kein Entgegenkommen gefunden. Mir schien
es, weil beide Teile mehr wollen, als sie bekommen sollen.
Wenn Sie den Sultan stürzen, werden wir sehr weinen,
denn wir stehen mit ihm in den besten Beziehungen, er ist uns
wirklich ein guter Freund, aber wir werden für ihn nicht die
geringste Waffe brauchen. Ein Krieg zwischen Rußland und
Oesterreich würde uns sehr unbequem sein. Oesterreichs Exi-
stenz ist uns durchaus notwendig. Sobald also russische Trup-
pen vor Wien oder Brünn erscheinen, würden wir gegen Ruß-
land marschieren. Es kann uns gar nicht passen, allerlei
kleine Regilliden an unserer Grenze zu haben, Ihnen doch auch
nicht!
Irgend welche böse Absichten gegen Oesterreich liegen uns
ganz ferne. Wir können sie alle nicht brauchen, diese Böhmen,
Tiroler usp. Wir können überhaupt keinen einzigen Oester-
reicher brauchen.“
Ueber Kalnoky und dessen parlamentarische Ausfälle gegen
Kaulbars äußerte sich Bismarck ungehalten und nannte sie takt-
los und ungeschickt')
*) Die „Kreuzzeitung“ (siehe Nr. 11 vom 14. Januar 1896)
erfuhr von einem Manne, der dem ersten Reichskanzler sehr