Full text: Also sprach Bismarck. Band II. 1870 - 1888. (2)

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16. Juni bis 11. Juli 1887 Bismarck in Friedrichsruh.“) 
Kissingen, 7. September 1887. 
Unterredung mit dem Statthalter Fürsten Hohen- 
lohe-Schillingsfürst, betreffend die russische Erb- 
nahe stand, daß Bismarck sich stets im höchsten Grade er- 
bittert zeigte, wenn er Mitteilungen erhielt über die Zurück- 
setzung der Deutschen in Rußland und besonders über die Be- 
handlung der Balten. Eu war der Meinung, daß Rußland 
der deutschen Kultur, dem deutschen Element, den deutschen Be- 
ratern und Lehrern außerordentlich viel zu verdanken hat, und 
daß nach Beseitigung des deutschen Einflusses unter einer auf 
das eigene Können angewiesenen russisch-tatarischen Generation 
die Ordnung zusammenbrechen müsse. Was über Rußland jetzt 
gekommen ist. hat Bismarck schon in den achtziger Jahren als 
unvermeidlich, angesehen, insbesondere auch die Erhebung der 
Letten, die gegen die Balten aufgereizt wurden, auch gegen 
die Regierung. Bei verschiedenen Gelegenheiten hat Bismarck 
die große Bedeutung des deutschen Elementes, in erster Reihe 
der Balten. für den russischen Staatsdienst hervorgehoben. 
*) In der Nähe des fürstlichen Parkes liegt ein Land- 
haus. welches von einem Hamburger Fabrikanten und dessen aus 
dem Rheinlande stammende Gattin bewohnt wird. Als bei den- 
selben einige andere gleich den Bewohnern stimmbegabte junge 
Damen und Herren zum Besuch waren, wurden Abends im 
Garten einige Chorlieder gesungen. Während des Gesanges ge- 
wahrten die Sänger plötzlich Bismarck an der Einfriedung seines 
Parkes stehen und schwiegen in dem rücksichtsvollen Wunsche, 
den Fürsten nicht zu stören. Nachdem derselbe weiter gegangen 
war, wurde der Gesang in den schönen Abend hinein fortgesetzt, 
worauf Bismarck von Neuem als Zuhörer erschien. Am nächsten 
Morgen wurden die Bewohner des Landhauses freudigst dadurch 
überrascht, daß Bismarck bei ihnen eintrat und sich über den 
gestrigen Gesang unterhielt, bemerkend, daß ihm die einfachen 
Weisen wohl gefallen hätten. Bismarck erzählte, nach der 
„K. Ztg.“, daß er an Schlaflosigkeit leide und deshalb Abends 
viel spazieren gehe.
	        
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