— 22 —
im Bewußtsein der Armee die Einigung Deutschlands voll-
zogen, und der Zauber, den die Person des Königs auf
Offiziere und Mannschaften des ganzen Heeres ausübte, schien
in der Kaiserkrone seinen natürlichen Ausdruck zu finden.
Sachlich war alles fertig. „Man brauchte nur zu wollen,“
um alles auch formell in Ordnung zu bringen.
Vor der Abreise nach München hatte Delbrück eine Denk-
schrift über die künftige Gestaltung Deutschlands zu vollenden.
Sie enthielt im ganzen ein Bild dessen, was durch die Ver-
sailler Verträge geworden war. Der Schluß gab den alle
Geister erfüllenden Gedanken zum ersten Male einen offi-
ziellen Ausdruck: Delbrück begründete die unabweisbare Not-
wendigkeit für den König, sich zur Annahme der Kaiserwürde
zu entschließen.
Bismarck war mit Delbrücks Denkschrift einverstanden und
legte sie dem König vor. Es paßte ihm, daß die Kaiser-
frage äußerlich von Delbrück angeregt worden war.
Meauz, 15. September 1870.
Unterredung mit dem Sekretär der englischen Ge-
sandtschaft in Paris, Edward Malet, betreffend die
Einleitung von Friedensverhandlungen mit der
Regierung der Nationalverteidigung.“
Nach der Schlacht von Sedan wurde der Sekretär bei
der englischen Botschaft in Paris, Sir Edward Malet, be-
auftragt, Bismarck die Depesche der englischen Regierung zu
überbringen, in welcher diese anfragte, ob Bismarck gewillt
sei, mit der Regierung der Nationalverteidigung über den
Frieden zu verhandeln.
*) Nach den im Jahre 1904 unter dem Titel; „Diplomaten-
leben" im Neuen Frankfurter Verlage erschienenen Lebenserin-
nerungen Malets.