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solches Mißtrauen in ihre Einsicht keineswegs; ich glaube,
daß sie zu dem Kronprinzen und Prinzen Wilhelm mit der—
selben Treue halten werden, wie zum alten Kaiser. Was
aber den dereinstigen jungen Kaiser und seinen Kanzler be—
trifft, so ist es ja richtig, daß ich bei hohen Jahren bin,
und es steht in Gottes Hand, wie lange meine Kräfte für
den Dienst des jungen Herrn noch ausreichen werden. Wie
ich aber den Prinzen Wilhelm kenne, hege ich wohl die
Hoffnung, daß dieser dereinst dem Reiche Kaiser und Kanzler
in einer Person sein wird.“
Berlin, 8. März 1888.
Letzte Unterredung mit Kaiser Wilhelm I.“
Bismarck: „Ich bitte Eure Majestät um die Ermächtigung
zur Veröffentlichung der schon am 17. November 1887 voll-
zogenen Ordre, die den Prinzen Wilhelm mit Ihrer Stell-
vertretung in Fällen beauftragte, wo Sie einer solchen zu
bedürfen glauben.“
Kaiser: „Ich erwarte von Ihnen, daß Sie in Ihrer
Stellung verbleiben, und auch meinem Nachfolger zur Seite
stehen werden.“
Bismarck sprach sich beruhigend darüber aus, so weit
es Überhaupt angebracht schien, einem Sterbenden gegenüber
*) Nach Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen“, Bd. II,
S. 276. Ueber die letzte Unterschrift Kaiser Wilhelms I. er-
zählt Horst Kohl folgendes. wie er es aus dem Munde des
Fürsten vernommen hat: „Als Bismarck dem Kaiser die Ordre
zur Unterschrift gab, durch welche der Reichstag geschlossen werden
sollte, äußerte der Kranke: „Ach, lassen Sie mich, ich bin so
müde.“ Auf die Bitte des Kanzlers, die Ordre nur mit einem
W. zu unterzeichnen, überwand er durch die ihm eigene Pflicht-
treue die Schwäche so weit, daß er den vollen Namen unter
das Schriftstück setzte.“