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sich ein jeder nur für die von ihm vertretenen Ressorts ver-
handeln. Das kann zu nichts führen; ich werde es mir
auch nicht lange mehr gefallen lassen und wenn es nicht
bald anders wird, diese Verhandlungen ganz abbrechen und
verlangen, daß ein Bevollmächtigter gesendet wird, der das
Recht hat, für das Königreich Bayern im ganzen und nach
allen Beziehungen hin zu verhandeln.
„Sie haben in Ihrem unserem Gesandten in Dres-
den (von Eichmann) übergebenen Schreiben vom 28. Sep—
tember die Ansicht ausgesprochen, daß eine jede Bestim-
mung, die überhaupt in der Verfassung enthalten, auf dem
in Artikel 78 vorgeschriebenen Wege abgeändert werden
könne. Diese Ansicht ist zwar von der Mehrheit des Reichs-
tags aufgestellt, nie aber von der preußischen Regierung oder
von mir dem Bundeskanzler geteilt worden. Ich halte es
vielmehr für ganz zweifellos, daß jura singulorum auf
diesem Wege nicht abgeändert werden können; dies gilt z. B.
ganz entschieden von den Bestimmungen in Artikel 6 über
die Zahl der den einzelnen Bundesstaaten im Bundesrate
zustehenden Stimmen.“
Nach einer längeren Diskussion über diese Frage gab
Bimarck wenigstens soviel zu, daß bei einer rein juristischen
Interpretation des Wortlautes von Artikel 78 die von Friesen
geäußerten Bedenken nicht ganz unbegründet erscheinen könnten.
„Die Bestimmung dieses Artikels darf aber doch nicht bloß
juristisch, sie muß auch moralisch aufgefaßt werden und dann
liegt die Sache doch ganz anders, denn ich halte es für moralisch
unmöglich, daß ein Zweidrittel oder überhaupt irgend eine
Majorität im Bundesrate den Artikel 78 dazu benutzen werde,
um einem dem Bunde angehörigen Staate seine Rechte zu ver-
kürzen.“ Dagegen erklärte er eine Abänderung dieses Artikels
aus einem anderen Grunde für nötig; nach dem Beitritt
der süddeutschen Staaten würde die Zahl der Stimmen im
Bundesrate so groß werden, daß die 17 Stimmen Preußens