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gerichtes vorgeschlagen habe, ebenso wie die Anderen das
Wort verdient: Etiam tu Brutus!“ — —
Memminger fand den Hund, der ihn anknurrte, sehr
unschön.“)
Bismarck: „Wenn Sie erst wüßten, daß dieser Hund ein
Geschenk des Kaisers ist! Ich hatte ehedem einen schönen
Hund, die graue Dogge Rebekka, vom gleichen Stamm, wie
mein früherer Hund, Tyras I, der ein Geschenk des Münchener
Hundezüchtervereines war. Dieser Tyras war wirklich ein vor-
zügliches Tier, unter dessen Obhut ich sicherer war, als unter
dem Schutz der ganzen Berliner Geheimpolizei. Ueber den
Verlust dieses Hundes war ich in der Tat traurig, wie über
den Tod meines früheren Hundes „Sultan“. Ein elender
Schurke, ein ungetreuer Gutsbeamter hat ihn mir vergiftet. Da
nun gerade mein Geburtstag in Sicht kam, fragte der Kaiser
den Minister Boetticher, womit er mir eine Freude machen
könne. Boetticher erzählte ihm vom Ende meines Tyras,
über das ich traurig sei. Da befahl der Kaiser sogleich:
Sehen Sie, daß Sie einen neuen Reichshund bekommen.
Und Boetticher, der von Hunden ungefähr so viel versteht,
wie gewisse Diplomaten vom Steuerrudern, ging hin zu der
Hundezüchterei Cäsar und Minka und bestellte einen neuen
Reichshund. Als das Vieh zu mir gebracht und mir vorge-
führt wurde, vergoß mein Kammerdiener Pinnow Tränen
der Rührung und wollte ihn gleich dem Samariterverein über-
geben; auf einem klapperdürren Gestelle, aus dem die Rippen
herausguckten, wie aus einem gestrandeten Schiff die Spanten,
saß ein unförmlicher Kopf wie das ekelett eines vorsint-
flutlichen Auerochsen, und auf den wackeligen Hintersteven
saß eine blutige Rute wie eine zerfetzte Flaggenstange. Ich
wollte die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, denn
*) Die obige Darstellung ergänzt das auszugsweise Re-
ferat, das ich über die Geschichte von Tyras II. in meinem Werke:
„Fürst Bismarck, Neue Tischgespräche und Interviews, Bd. II
S. 347, gebracht habe.