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Friedrichsruh, 3. Juli 1891.
Die Kapelle des Großherzoglich badischen Leib-Grenadier-
Regiments unter Führung ihres Musikdirigenten Böttge war
gekommen, um Bismarck am Jahrestage der Schlacht von
Königgrätz ein Ständchen darzubringen. Nachdem die Ka-
pelle eine Anzahl historischer Märsche gespielt hatte, äußerte
Bismarck, daß sie ihm alle bekannt gewesen seien, bis auf
den „Rheinströmer Marsch"“. Rührend war es, als nach dem
gespräche“, Bd. II, S. 376 f. Seit diesem Besuche des Dr. Hans
Kleser suchte sich die von ihm redigierte, bis dahin ziemlich un-
bekannte und auch politisch bedeutungslose „Westdeutsche Allge-
meine Zeitung“ der Reihe der Leibblätter Bismarcks (bis dahin.
nur die „Hamburger Nachrichten"“ und „Münchner Allgemeine
Zeitung“) anzuschließen. In der Nummer vom 13. Juni 1892
debutierte Kleser mit folgender Auslassung: „Sogenannte un-
politische Zeitungen sind ein stets aufnahmebereiter Brutkasten
stür hundstägige politische Enteneier. Ein solches Entenei hat
neuerdings ein Narr oder ein Schalk in geschickter Weise unterge-
bracht, indem er versichert, Fürst Bismarck fühle das heißeste
Bedürfnis nach einer persönlichen Versöhnung mit dem Kaiser.
Darum werde er „noch vor der Reise zu der Vermählung seines
Sohnes nach Wien eine Audienz bei dem Kaiser erbitten, in der er
über die Vorgänge der letzten Jahre, welche einer Aufklärung
bedürftig erscheinen könnten, befriedigenden Aufschluß zu geben
hofft. — Die Form schon, in welcher diese Meldung auftritt,
erweist sich als eine freche und empörende Verdächtigung des
Verhaltens des Fürsten Bismarck, der keinem Menschen eine Auf-
klärung schuldig ist, noch eine solche zu geben das mindeste Be-
dürfnis hat.“ Die „Germania“ schrieb hiezu in der Nr. 133 vom
14. Juni 1892 in ihrer boshaften Weise: Der neue Friedrichs-
ruher Hofjournalist ist, wie man sieht, noch etwas gar sehr „ge-
rade heraus“ und ungeschickt. Dies wird sich aber schon machen.
Schuldig wäre der polternde Nörgler im Sachsenwalde mancherlei
Aufklärung allerdings, aber glücklicher Weise bedarf es derselben
nicht erst, denn die Welt weiß ganz genau, was auf sein Konto
kommt und was nicht. Ueber seine Bedürfnisse ist man auch nicht
mehr im Unklaren.“