Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

— 290 — 
der Arbeiter mit der fortschreitenden Kultur von selbst ver- 
bessert. Ein Blick auf die Lebensführung der städtischen und 
der ländlichen Arbeiter, wie sie jetzt ist, und wie sie vor 50 
Jahren war, ergibt das zur Evidenz. Die Menschenfreundlich- 
keit kann sich vollkommen dabei beruhigen. Ich will den 
Arbeitern nicht das Recht bestreiten, ihre Lage auf dem Wege 
der Koalition zu verbessern, aber jede Einmischung des Staats 
zu ihren Gunsten muß unterbleiben, ebenso wie zu Gunsten 
der Arbeitgeber. Der Staat hat den Lohnkämpfen gegenüber 
keine andere Aufgabe, als die öffentliche Ordnung aufrecht 
zu erhalten; wenn er für die Ansprüche der Arbeiter ein- 
träte, so überschritte er dadurch seine Kompetenz und beginge 
ein Unrecht gegen eine Menge anderer Leute, die gerade so 
viel Berücksichtigung verdienen wie die Handarbeiter. 
Ich bin arbeiterfreundlich im Sinne der durch mich ins 
Leben gerufenen kaiserlichen Botschaft vom 17. November 
1881, der Basis der deutschen Sozialreform. Ich will die 
Arbeiter gegen die Gefahren der Krankheit, des Unfalls, des 
Alters und der Invalidität gesichert wissen, glaube aber nicht, 
daß durch Eingreifen in die Autonomie der Arbeitgeber oder 
Arbeitnehmer Nutzen gestiftet werden kann. Dagegen bin 
jch der Ansicht, daß es Pflicht des Staates ist, Schutz der 
Arbeiter vor jeder sozialistischen Territion zu gewähren und 
zu verhüten, daß Beschränkung der persönlichen Willensfreiheit 
zur Durchführung des Streiks und anderer polizeilich oder ge- 
setzlich anfechtbarer Maßregeln der Streikführung geduldet 
werde.““) 
  
*) Gespräche Bismarcks nach Informationen der „Dresdner 
Nachrichten“ vom 4. Februar 1897 in meinem Werke: „Fürst 
marck. Neue Tischgespräche und Interviews“, Bd. II, S. 425 f.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.