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und den Willen gehabt hätte, den Zielen der deutschen Politik
seinen Beistand zu widmen, Deutschland nicht abgeneigt
gewesen wäre, das päpstliche Interesse bei dem damaligen
Italien zu vertreten, vorausgesetzt, daß das dazu beigetragen
hätte, die deutsch-nationale Einigung zu beschleunigen und
zu sichern. Nach seinen Erkursen auf das Gebiet der sta-
lienischen Politik von damals unterstrich Bismarck die Ver-
schiedenheit des jetzigen Italien von dem jener Zeit und
nahm an, daß in Italien bei europäischen Krisen trotz
seines franzosenfreundlichen Radikalismus das Bedürfnis
des Königreiches, sich ein neues Protektorat Frankreichs und
den Import der Republik vom Leibe zu halten, für sein Ver-
harren an der Seite Deutschlands und Oesterreichs entscheidend
sein würde.
Im weiteren Verlaufe des Gespräches kam Bismarck
auf seine angeblichen Verhandlungen mit dem Kaiser Na-
poleon wegen der Annexrion Belgiens durch Frankreich zu
sprechen. Er bezeichnet mit Berufung auf die facsimilierten
Briefe Benedettis alle jene Angaben als französische Er-
findungen. „Die belgische Frage hat für mich neben der
deutschen immer nur ein untergeordnetes Interesse gehabt,
vorzugsweise in der Richtung, zu erproben, welche Leistung
England zu Gunsten der von ihm garantierten belgischen Unab-
hängigkeit praktisch auf sich nehmen würde, falls diese Unab-
hängigkeit von Frankreich gefährdet würde. Ich habe den
norddeutschen Bund und Preußen auch nicht als Primolocisten
bei der Garantierung der belgischen Unabhängigkeit betrachtet,
sondern ich war der Meinung, daß die europäischen Mächte
dafür gleichzeitig und gleichmäßig eintreten müßten. Benedetti
hat mich einmal ganz offen gefragt: Würden Sie uns an-
greifen, wenn wir in Belgien einrückten? worauf ich antwortete:
Nein. Weitere Frage: Was werden Sie dann tun? Nous
chercherons notre Belgique ailleurs! womit ich die Besei-
tigung der Maingrenze und die volle Einigung Deutschlands