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Friedrichsruh, 10. Mai 1897.
Er nimmt den ihm vom Hamburger Reichstagswahlver-
ein dargebrachten Fackelzug trotz strömenden Regens entgegen.
Schweninger will ihn mit einem Schirm zu schützen suchen, aber
Bismarck weist ihn ab: „Keinen Schirm, Herr Professor, wenn
ich bitten darf.“ Es klang fast scharf — er wollte es nicht
besser haben als die Hamburger.
Der Zug war vorbei, Bismarck stieg langsam die Treppe
wieder hinauf. Auf dem Balkon drehte er sich noch einmal
um; noch einmal ertönt der alte Ruf: „Auf Wiedersehen,
Durchlaucht, nächstes Jahr!“ Bismarck machte eine abweh-
rende, fast schmerzliche Bewegung.“)
Friedrichsruh, 14. Juni 1897.
Unterredung mit dem Gründer des Ostmarken-
vereines Major v. Tiedemann-Seesheim, betref-
fend Bismarcks Interesse daran.“
Bismarck nahm sichtlich erfreut die Grüße entgegen, die
Tiedemann ihm im Namen des Vereines überbrachte. In
*) Dem „Hamburger Korrespondent“ (cek. Nr. 246 vom
29. Mai 13897) wurde aus Stade am 27. Mai geschrieben:
„Dieser Tage machten die Schüler des Gymnasiums unter Führung
ihrrer Lehrer verschiedene Ausflüge in die Umgegend; Ober-
sekundaner und Primaner fuhren bis Bergedorf und gingen über
Reinbek nach Friedrichsruh. Sie hatten das Glück, gegen 4 Uhr
nachmittags Bismarck zu begrüßen, als er seine gewöhnliche Spazier-
fahrt antrat. Als Bismarck die Schüler erblickte, ließ er halten,
bat den Direktor zu sich, fragte nach dem Namen der Anstalt,
nach der Klasse, der die Schüler angehörten, meinte dann, die
Obersekundaner seien noch recht klein, und wünschte schließlich
weiteres Vergnügen. Unter dem lebhaften Hochrufe der An-
wesenden fuhr der wohl aussehende Fürst davon.
" *) Nach einer Darstellung von Tiedemann in der „Ost-
mark“. Kohl: „Bismarck-Jahrbuch“, Bd. V, S. 330, spricht irr-