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mit dem Berichte eines Gesandten unzufrieden war: „TE. hat
den Fehler, daß er viel zu gut Französisch spricht. Da er auf
diese Eigenschaft sehr stolz ist, verführt sie ihn immer wieder,
wie auch in diesem Fall, mehr zu sagen, als gut ist. Er be-
rauscht sich förmlich an seinen schönen Redewendungen und kann
sich darin nicht genug tun. Eigentlich ist es ein großer Vor-
zug eines Diplomaten, wenn er schlecht Französisch spricht.
Er überlegt sich dann genau, ehe er zum Minister geht, was
er ihm sagen will, und spricht kein Wort mehr, als was er sich
vorsichtig nach seiner Instruktion zurechtgelegt hat.“
Berlin, 24. Januar 1890.
Kußerung im Kronrat, betreffend die sogenannte
Arbeiterklasse. «
Der Kaiser befaßte den Kronrat mit der Beratung der
später am 4. Februar publizierten Arbeitererlasse. Bismarck
suchte in ehrerbietiger aber gründlicher Weise die Bedenken
zu entwickeln, die er gegen den Inhalt der kaiserlichen Kund-
gebung hegte. „Ich gehe von der Ansicht aus, daß durch
das Eingreifen in die Autonomie des Arbeiters weder diesem
noch dem Staate ein wahrhafter Nutzen gebracht werden kann.
Das schöne Ziel der Beschränkung der Sonntags-, der Frauen-
und Kinderarbeit erscheint auch mir erstrebenswert; aber so-
lange nicht nachgewiesen ist, wie die Millionen, die dem
Arbeiterstande durch diese Beschränkung an Arbeitslohn ent-
zogen werden, anderweitig beschafft werden können, ohne daß
die Konkurrenzfähigkeit der Industrie und der Staat darunter
leidet, glaube ich auf diesem Wege nur so weit vorgehen zu
matie unter Bismarck“ im Aprilheft 1906 der „Deutschen Revue“
entnommen. Wann und wo die Aeußerung Bismarcks fiel, ist
unbekannt, vermutlich in Berlin, möglicherweise auch in Friedrichs-
ruh. wo Brauer eine Zeitlang in Vertretung des Herrn v. Rotten-
burg sich bei dem Chef aufbielt.