108 Arbeiter, landwirtschaftliche — Arbeitseinstellung und Aussperrung.
eigene Wirtschaft auf eigenem oder pacht-
weise erhaltenem Lande erhalten,
b. Losleute, Einlieger, die im Dorfe
wohnen, und zwar, indem sie die Miete
abarbeiten oder abzahlen; als Äquivalent
für ihre Dienste erhalten sie Geld.
3. Heuerleute, Heuerlinge sind unselb-
ständige A, welche vom Arbeitsherrn ein
Stück Land pachten; sie verpflichten sich
aber, eine gewisse Zeit (eine Zahl von Ta-
gen) gegen billigeren Lohn bei ihm zu ar-
beiten. —
Ill. Früher bestand ein naturalwirt-
schaftliches Verhältnis zwischen dem
Herrn und dem Arbeiter (patriarchalisch,
besonders in Ostelbien).. Die Tendenz
zur Umwandlung in ein rein proletarisches
Arbeitsverhältnis zeigte sich infolge des
kapitalistischen Charakters der Gutswirt-
schaft und des Strebens der landwirt-
schaftlichen A, mehr Rechte und eine
bessere Lebenshaltung zu gewinnen.
Folgeerscheinungen sind ein periodischer
Arbeitsmangel, die Sachsengängerei, der
Zuzug ausländischer Arbeiter.
Eine Klassenbewegung der ländlichen
A ist in Deutsland nicht vorhanden; Be-
wegungen in dieser Hinsicht sind in Ir-
land, Ungarn u. a. beobachtet worden.
Die proletarische Bewegung der Land-
arbeiter wird insbesondere dadurch ge-
hindert, daß ein großer Teil freier A
kein Interesse an ihr hat, daß fer-
ner bei patriarchalischen Zuständen ein
Klassenbewußtsein der Arbeiter ausge-
schlossen ist. Die Großbetriebe sind sel-
ten, daher fehlen die Voraussetzungen für
eine solche Bewegung. P.
Arbeiterbewegung s. Gewerkschaft,
Lassalle, Marx, Sozialdemokratie.
Arbeiterversicherung Invalidi-
täts-, Kranken- Unfallversicherung,
Reichsversicherungsordnung.
Arbeitsbuch. Die Bestimmungen der
Gw 107—112 über das A beruhen wesent-
lich auf der Novelle vom 17. Juli 1878,
RGBI 199. Es wurde $ 108 durch die No-
velle vom 1. Juli 1883, RGBI 177, und
die 88 107, 108, 110—112 durch die No-
velle vom 1. Juni 1891, RGBI 261, bzw
durch Einf-B 36 Ziff 2, ROBI 612, ge-
ändert.
Gw 107—112 finden auf volksschul-
pflichtige Kinder keine Anwendung.
Meistens werden diese Kinder eine Ar-
beitskarte (s. d.) gebrauchen.
Die Einführung des A soll den minder-
jährigen Arbeiter und seinen Arbeitgeber
in ihrer wirtschaftlichen Bewegungs- und
Verkehrsfreiheit beschränken. In den Mo-
tiven, Nr 4 Reichstag 8. Legislaturperiode
I. Session 1890 S 32 ff, wird bemerkt, daß
in den letzten Jahren sich die Klagen über
die Lockerung der Zucht und Sitte, über
das Schwinden der elterlichen Autorität
bei den jugendlichen Fabrikarbeitern ge-
mehrt hätten, so daß die Gesetzgebung
versuchen muß, die elterliche Autorität
zu stärken und die allzu große Bewe-
gungsfreiheit der minderjährigen Arbeiter
einzudämmen. Infolgedessen ist das Ar-
beitsbuch an den gesetzlichen Vertreter
auszuantworten, wenn dieser es verlangt
oder der Arbeitnehmer noch nicht das
Alter von 16 Jahren erreicht hat. Mit Ge-
nehmigung der Gemeindebehörde des in
Gw 108 bezeichneten Orts können auch
die zur gesetzlichen Vertretung nicht be-
rechtigte Mutter oder ein sonstiger Ange-
höriger oder unmittelbar der Arbeiter das
A ausgehändigt verlangen. Diese Vor-
schriften, soweit die zuerstgenannten Per-
sonen in Frage kommen, sind getroffen,
obgleich tatsächlich die Kündigung be-
stehender und Eingehung neuer Arbeits-
verhältnisse regelmäßig ohne Mitwirkung
dieser Personen allein durch den minder-
jährigen Arbeiter stattfindet. Ferner sei
angeführt, daß es Arbeitgebern und min-
derjährigen Arbeitern freisteht, einen Ar-
beitsvertrag einzugehen; nur die Ausfüh-
rung desselben ist davon abhängig ge-
macht, daß der Arbeiter dem Arbeitgeber
das A überreicht. Der Arbeitgeber, wel-
cher das A nicht einfordert und trotzdem
den Arbeiter beschäftigt oder behält, wird
nach Gw 150 Nr 1 mit Geldstrafe bis zu
20 M und im Unvermögensfalle mit Haft
bis zu 3 Tagen für jeden Fall der Ver-
letzung des Gesetzes bestraft.
Für Streitigkeiten über die Aushändi-
gung oder den Inhalt des A sind die vor-
handenen Gewerbegerichte bzw Innungs-
schiedsgerichte zuständig, GwGG 4 und
Gw 8la und 81b.
v. Landmann Kommentar zur Gw 2, 5. Auf, 105 ff;
Entscheidungen: Baum Handbuch für Gewerbegerichte;
v.Schulz u. Schalhorn Das Gewerbegericht Berlin.
v. Schulz.
Arbeitseinstellung und Aussper-
rung. Alle Verbote und Strafbestimmun-
gen gegen Gewerbetreibende, gewerb-
liche Gehilfen, Gesellen oder Fabrikarbei-
ter wegen Verabredungen und Vereini-
gungen zum Behufe der Erlangung günsti-