Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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im Falle des B 357 unverzüglich erfolgen, 
ebenso nach B 554 Abs 2. Im ersten Falle 
hat die Verzögerung der Erklärung die 
Wirkung, daß das Aufrechnungsrecht er- 
lischt, im zweiten bleibt die Kündigung 
trotz der sonst angeordneten Rückwir- 
kung der Afr in Kraft. 
5. Die Afr wirkt auf den Zeitpunkt der 
Entstehung des Aufrechnungsrechts zu- 
rück, B 389. Eine Beschränkung der 
Rückwirkung enthält B 554 Abs 2, s. oben 
Ziff 4. Die Rückwirkung erstreckt sich 
nach RG 50 391 auch auf den Prozeß und 
die Prozeßkosten. 
6. Konstruktion der Afr. Die Konstruk- 
tionen der abgekürzten, fingierten, ide- 
ellen Zahlung oder Selbstzahlung sind als 
veraltet zu betrachten. Auch durch den Be- 
griff der Leistung an Erfüllungsstatt wird 
die Afr nicht gedeckt. Abzulehnen ist ins- 
besondere auch die Ansicht, die Afr sei 
eine Anweisung, das Geschuldete an sich 
selbst zu zahlen (Kohler). Das Aufrech- 
nungsrecht hat vielmehr, wie im Falle der 
Zahlungsfähigkeit des Gegners deutlich 
hervortritt, neben dem praktischen Zweck 
der Ersparung des Hin- und Herzahlens 
den Zweck, den Aufrechnungsberechtigten 
für seine Forderung zu sichern und ihm 
die Befriedigung auf dem einfachsten 
Wege auch gegen den Willen des Gegners 
zu ermöglichen. Es gehört daher zu der 
Kategorie der Sicherungsrechte und kann 
geradezu als ein Pfandrecht an der 
eigenen Schuld konstruiert werden. 
7. Die Afr im Prozeß steht unter den- 
selben Regeln wie außerhalb des Pro- 
zesses. Im Prozeß wird geltendgemacht, 
daß die Klageforderung infolge einer vor 
oder während des Prozesses erklärten Afr 
erloschen sei. Die Afr im Prozeß ist also 
keine Widerklage, sondern nur Verteidi- 
gungsmittel. Übersteigt die Gegenforde- 
rung die Klageforderung, so ist nur der 
überschießende Teil als Widerklage gel- 
tendzumachen. An sich ist zu trennen 
die Aufrechnungserklärung als Rechtsge- 
schäft und die Berufung darauf als Pro- 
zeßhandlung. Die Praxis nimmt jedoch 
an, daß die Prozeßvollmacht auch zur 
Aufrechnungserklärung ermächtige, RG 
50 426, 58 228. 
Eine Annäherung an den Begriff der 
Widerklage enthalten B 109 Ziff 3 und 
Z 322 Abs 2. Hiernach unterbricht die Afr 
im Prozeß die Verjährung, wie eine 
Klage, und die Entscheidung, daß eine Ge- 
  
Aufrechnung — Aufruhr. 
genforderung nicht besteht, ist bis zur 
Höhe des Betrages, für welchen die Afr 
geltendgemacht worden ist, der Rechts- 
kraft fähig. 
Der Gefahr, daß durch unbegründete 
Afr der Prozeß verschleppt wird, treten 
Z 145 Abs 3, 302, 529 Abs 3 entgegen. 
Hiernach können Gegenforderungen, 
welche mit der Klageforderung nicht in 
rechtlichem Zusammenhang stehen, zu be- 
sonderem Verfahren verwiesen werden. 
Die Entscheidung über die Klageforde- 
rung erfolgt unter Vorbehalt späterer Aus- 
gleichung. Ganz zurückgewiesen werden 
kann der Einwand der Afr, wenn die Vor- 
aussetzungen der Z 279 vorliegen. 
Schollmeyer DieKomp ti inrede, 1884: Osann 
Beiträge zur Behandlung der Kompensationseinrede, 1885 ; 
Stölzel Schulung für die ziv. Praxis 2 (insbesondere tiber 
die Frage, wie bei streltiger Klageforderung und unstreitiger 
Gegenforderung zu verfahren ist); Kohler Zeitschrift für 
Zivilprozeß 30 ı ff, 34 ı ff; Liebknecht Vorbehaltszah- 
lung und Eventualaufrechnung, 1899; Eccius (ruchot 48 
ı6f, 233ff; Förtsch daselbst 4% 225 ff; Geib Zeitschrift 
für Zivilprozeß 24 462 ff; Redlich daselbst 25 357 ff; 
Wach daselbst 27 1 ff. 
Literatur für das materielle Aufrechnungsrecht: Dern- 
burg Geschichte und Theorie der Kompensation, 2. Aufl 
68; Schwanert Die Kompensation nach römischem 
und gemeinem Recht, 70; isele Die Kompensation 
nach römischem und gemeinem Recht, 76; (teib Theorie 
der gerichtlichen Kompensation, 97; ohler Zeitschrift 
für Zivilprozesse 20 1ff; Leonhard Die Aufrechnung, 
96; Siber Kompensation und Aufrechnung, 99; Kohler 
Zeitschrift für Zivilprozeß 24 ıffl; Feder Zeitschrift für 
Handelsrecht 54 433 ff; Lippmann Jherings Jahrb 43 
485 f; Weismann Zeitschrift für ZivilprozeB 26 1; 
Weigelin Das Recht zur Aufrechnung als Pfandrecht 
an der eigenen Schuld, 04; ODertmann Recht 05 38; 
G.I.ang Das Aufrechnungsrecht, seine Erweiterungen un 
Beschränkungen im Konkurs, 06; Schulz Gruchot 50 
209 ff. Weigelln. 
Aufrechnungsvertrag ist die nicht 
von den gesetzlichen Vorschriften ab- 
hängige Aufrechnung; der A kann z. B. 
eine Aufrechnung nicht gleichartiger oder 
nicht fälliger Forderungen zulassen. Da- 
gegen darf der A nicht gegen zwingende 
Vorschriften verstoßen, z. B. kein A bei 
Aufrechnung gegen Lohnforderungen. 
Aufreizung zum Klassenkampf wird, 
wenn sie öffentlich geschieht, und zwar 
in einer den öffentlichen Frieden gefähr- 
denden ‚Weise, mit Geldstrafe bis 600 M 
oder mit Gefängnis bis zu 2 Jahren be- 
straft, S 130. Von einem Geistlichen bei 
Ausübung des Amtes verübt, S 130a, wird 
die A mit Gefängnis oder Festungshaft bis 
zu 2 Jahren bestraft. 
Aufruhr ist Teilnahme am Widerstand 
gegen die Staatsgewalt (s. d.), qualifi- 
ziert durch eine Öffentliche Zusammen- 
rottung und Begehung mit vereinten Kräf- 
ten, S 115 Abs 1. Strafe: Gefängnis nicht 
unter 6 Monaten. Härtere Bestrafung der 
Rädelsführer und der Verüber des Wider- 
standes selbst, S 115 Abs 2.
	        
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