Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Ausbleiben. 
C 229 Abs 1. Ist das Ab des Angeklagten 
nicht genügend entschuldigt, so ist seine 
Vorführung anzuordnen oder ein Haft- 
befehl zu erlassen, und zwar auch ohne 
daß die Voraussetzungen der C 112, 113 
vorliegen, C 229 Abs 2. Das Ab des 
Angeklagten ist ein selbständiger Verhaf- 
tungsgrund. Der Bestimmung der C 229 
Abs 1 liegt das Prinzip zugrunde, daß das 
Gericht die ihm von Amts wegen oblie- 
gende Pflicht zur Erforschung der mate- 
riellen Wahrheit nur dann erfüllen könne, 
wenn es den Angeklagten selbst hört. 
Hierdurch ist das Kontumazialverfahren 
grundsätzlich ausgeschlossen. Aus- 
nahmen C 319 ff, 470 ff, Verfahren gegen 
Abwesende. Siehe Artikel „Abwesende‘“‘. 
Ausnahmsweise kann in Strafsachen, 
in denen die den Gegenstand der Unter- 
suchung bildende Tat nur mit Geldstrafe, 
Haft oder Einziehung allein oder in Ver- 
bindung miteinander bedroht ist, auch 
beim Ab des Angeklagten zur Hauptver- 
handlung geschritten werden, C 231 
Abs 1. Gefängnisstrafe für den Fall, daß 
die Geldstrafe nicht beigetrieben werden 
kann, S 28, 29, schließt die Anwendung 
dieses Verfahrens nicht aus, wohl aber 
etwaige andere Nebenstrafen, wie z. B. 
die Überweisung an die Landespolizeibe- 
hörde. Der Angeklagte muß in der La- 
dung auf die Zulässigkeit dieses Verfah- 
rens ausdrücklich hingewiesen werden, 
C 231 Abs 2. 
Weiterhin kann der Angeklagte auf 
seinen Antrag wegen großer Entfernung 
seines Aufenthaltsortes von der Verpflich- 
tung zum Erscheinen in der Hauptver- 
handlung entbunden werden, wenn nach 
dem Ermessen des Oerichtes voraussicht- 
lich keine andere Strafe als Freiheitsstrafe 
bis zu 6 Wochen oder Geldstrafe oder 
Einziehung, allein oder in Verbindung 
miteinander, zu erwarten steht. Erachtet 
das erkennende Gericht eine höhere Strafe 
für angemessen, so ist das Erscheinen des 
Angeklagten nachträglich anzuordnen. 
Der Angeklagte muß, wenn seine richter- 
liche Vernehmung nicht schon im Vorver- 
fahren erfolgt ist, durch einen beauftrag- 
ten oder ersuchten Richter über die An- 
klage vernommen werden. Das Proto- 
koll über die Vernehmung ist in der 
Hauptverhandlung zu verlesen, C 232. In 
der Hauptverhandlung kann sich der An- 
geklagte durch einen mit schriftlicher Voll- 
macht versehenen Verteidiger vertreten 
  
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lassen, C 233. Im Interesse der Aufklä- 
rung des Sachverhaltes kann das Gericht 
aber stets das persönliche Erscheinen des 
Angeklagten anordnen und dasselbe durch 
einen Vorführungs- oder Haftbefehl er- 
zwingen, C 235. | 
Des weiteren finden folgende Ausnah- 
men statt: 
C 427: In dem Verfahren auf erhobene 
Privatklage, C 414ff, kann der Ange- 
klagte, statt selbst zu erscheinen, sich 
durch einen Verteidiger auf Grund einer 
schriftlichen Vollmacht vertreten lassen, 
C 427 Abs 1. Das Gericht kann aber das 
persönliche Erscheinen des Angeklagten 
anordnen; sein Ab hat nur die Vorfüh- 
rung, nicht aber die Verhaftung zur Folge, 
C 427 Abs 3, 
C 370, 371: Die von dem Angeklagten 
eingelegte Berufung gilt, wenn weder er 
selbst noch in den Fällen, wo solches zu- 
lässig ist, ein Vertreter desselben erschie- 
nen und das Ab nicht genügend entschul- 
digt ist, als zurückgenommen. Sie ist so- 
fort zu verwerfen, ohne daß es eines Ein- 
gehens auf die Sache selbst bedarf, C 370 
Abs 1. Dasselbe gilt für das Privatklage- 
verfahren, C 431 Abs 2. Auf diese Fol- 
gen des Ab ist der Angeklagte in der La- 
dung ausdrücklich hinzuweisen, C 364 
Abs 1. Hat dagegen die Staatsanwalt- 
schaft die Berufung eingelegt, so ist über 
diese auch beim Ab des Angeklagten zu 
verhandeln oder die Vorführung oder Ver- 
haftung des Angeklagten anzuordnen, 
C 370 Abs 1. Ist dagegen die Berufung 
von dem gesetzlichen Vertreter des An- 
geklagten oder von dem Ehemann einer 
angeklagten Frau eingelegt, C 340, so hät 
das Gericht den Angeklagten bei seinerı 
Ab zu der Hauptverhandlung zwangs- 
weise vorführen zu lassen, C 371. 
C 390: In der Hauptverhandlung vor 
dem Revisionsgericht ist die Anwesen- 
heit des Angeklagten nicht erforderlich, da 
das Verfahren im wesentlichen ein schrift- 
liches ist, ja, der nicht auf freiem Fuße 
befindliche Angeklagte hat sogar keinen 
Anspruch auf Anwesenheit. 
C 452: In dem Verfahren bei amtsrich- 
terlichem Strafbefehle ist der Einspruch 
des Angeklagten ohne Beweisaufnahme 
durch Urteil zu verwerfen, wenn dieser 
ohne zwingende Entschuldigung in der 
Hauptverhandlung ausbleibt, er auch 
nicht durch einen Verteidiger vertreten ist. 
4. Ab der Beschlagnahmeinteressenten.
	        
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