Beleidigung — Belgien.
trages ist zulässig, S 194. Das unterschei-
det die B von der Körperverletzung: bei
letzterer kann der Antrag nicht zurück-
genommen werden.
Ist eine Ehefrau beleidigt worden, so
hat sowohl sie als ihr Ehemann das Recht,
auf Bestrafung anzutragen, S 195. — Wenn
die B gegen eine Behörde, einen Beamten,
einen Religionsdiener oder ein Mitglied
der bewaffneten Macht, während sie in
der Ausübung ihres Berufes begriffen
sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf
begangen ist, so haben außer den un-
mittelbar Beteiligten auch deren amtliche
Vorgesetzte das Recht, den Strafantrag zu
stellen, S 196. — Eines Antrages bedarf
es nicht, wenn die B gegen eine gesetz-
gebende Versammlung des Reiches oder
eines Einzelstaates oder gegen eine an-
dere politische Körperschaft begangen
worden ist. Sie darf jedoch nur mit Er-
mächtigung der beleidigten Körperschaft
verfolgt werden, S 197.
VIl. Ist bei wechselseitigen B von einem
Teile auf Bestrafung angetragen worden,
so ist der andere Teil bei Verlust seines
Rechtes verpflichtet, den Antrag auf Be-
strafung spätestens vor Schluß der Ver-
handlung in erster Instanz zu stellen, hier-
zu aber auch dann berechtigt, wenn zu
jenem Zeitpunkte die dreimonatliche Frist
bereits abgelaufen ist, S 198. — Wenn eine
Beleidigung auf der Stelle erwidert wird,
so kann der Richter beide Beleidiger oder
einen derselben für straffrei erklären
(Kompensation), S 199.
VIII. Publikationsbefugnis. Wird we-
gen einer Öffentlich oder durch Verbrei-
tung von Schriften, Darstellungen oder
Abbildungen begangenen B auf Strafe er-
kannt, so ist zugleich dem Beleidigten die
Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung
auf Kosten des Schuldigen öffentlich be-
kanntzumachen, S 200 Abs 1.
Erfolgte die B in einer Zeitung oder
Zeitschrift, so ist der verfügende Teil des
Urteils auf Antrag des Beleidigten durch
die öffentlichen Blätter bekanntzumachen,
und zwar, wenn möglich, durch dieselbe
Zeitung oder Zeitschrift und in demselben
Teile und mit derselben Schrift, wie der
Abdruck der Beleidigung geschehen,
S 200 Abs 2. P.
Belgien, Verfassung vom 7. Febr 1831,
das Muster der meisten modernen Ver-
fassungen. B ist konstitutionelle Mon-
archie mit parlamentarischem Regime
197
(Senat und Repräsentantenkammer). Vgl
Rolin bei Posener Staatsverfassungen
des Erdballes, 09.
Belgien (Auslieferung). Das „klas-
sische Land‘‘ der Auslieferung hat über
diese Materie den Vertrag mit dem Deut-
schen Reich vom 24. Dez 1874 nebst Zu-
satzvertrag vom 28. Nov 1900 auf Grund
seines Auslieferungsges vom 15. März
1874 abgeschlossen. Der Vertrag hat als
Vorbild für viele andere Verträge gegol-
ten und enthält die Grundsätze des gemei-
nen Auslieferungsrechts, das beim Mangel
eines Vertrags in Anwendung zu kommen
pflegt. Ausgeliefert wird wegen nichtver-
jährter außerhalb des ersuchten Staates
vom Täter oder Teilnehmer begangener
strafbarer Handlungen, wie sie in einem
Katalog von 34 Nummern vom Mord bis
hinab zur Bedrohung aufgeführt sind. Bei
Hausfriedensbruch, gewaltsamer Vor-
nahme unzüchtiger Handlungen, Unter-
schlagung und Untreue, Betrug, falschem
Zeugnis, Sachbeschädigung und Heh-
lerei sowie bei allen außerhalb des er-
suchenden Staates begangenen Handlun-
gen ist beigesetzt, „wofern diese Hand-
lung nach der Gesetzgebung beider Teile
strafbar ist“ (Prinzip der identischen
Norm). Daraus geht hervor, daß in den
andern Fällen die vollständige Überein-
stimmung der Strafgesetze in allen Ein-
zelheiten nicht gefordert wird, RGSt 35
348. Auch der Versuch eines der Delikte
des Katalogs führt zur Auslieferung, wenn
er nach der Gesetzgebung beider Staaten
bedroht ist. Nationale werden nicht aus-
geliefert, Angehörige dritter Staaten nach
Wahl des Asylstaates. Die Auslieferung
ist nicht statthaft, wenn die gleiche Tat
vom Asylstaat abgeurteilt oder wegen
einer anderen Tat Untersuchung noch an-
hängig ist. Anhängige Privatverbindlich-
keiten kommen nicht in Betracht. Wegen
politischer Delikte im weitesten Sinne wird
nicht ausgeliefert, ausgenommen wenn
es sich um ein Attentat handelt. Eine
Verurteilung im ersuchenden Staat darf
nicht unter dem Gesichtspunkt eines po-
litischen Delikts und nicht unter der An-
klage einer strafbaren Handlung, die nicht
im Katalog steht, erfolgen. Als Grundlage
muß mindestens ein gerichtlicher Haftbe-
fehl vorliegen, der auf diplomatischem
Wege zu übermitteln ist. Vorläufig fest-
genommen werden darf der Asylsuchende
ausnahmsweise auch im direkten Verkehr