198
der Lokalbehörden auf Grund einer amt-
lichen Mitteilung der zuständigen Behörde
des ersuchenden Staates. Die beim
Flüchtling beschlagnahmten Gegenstände
werden mit übergeben. Neben der Aus-
lieferung ist auch die Durchlieferung unter
den gleichen Bedingungen gestattet. Die
Kosten bis zur Übergabe an der Grenze
trägt der ersuchte Staat. Rechtshilfe jeder
Art wird stets gewährt, wenn es sich bei
dem in Frage kommenden Delikt nicht um
ein politisches Reat handelt. Strafer-
kenntnisse wegen Verbrechen und Ver-
gehen jeder Art werden diplomatisch ge-
wechselt. Vgl auch Kongostaat. Grosch.
Belügen eines Vorgesetzten (Mili-
tärstrafrecht) ist als besonderer Fall der
Achtungsverletzung durch MS 90 zu einem
selbständigen militärischen Vergehen er-
hoben, sofern eine Frage des Vorgesetz-
ten in dienstlicher Angelegenheit voran-
gegangen ist; die Tat kann mündlich,
schriftlich, durch Zeichen, durch Ver-
schweigen der Wahrheit begangen wer-
den (bestritten im Hinblick auf den Ge-
setzestext „wissentlich die Unwahrheit
sagt‘‘); Frage des Vorgesetzten kann in
und außerhalb des Dienstes geschehen,
muß aber eine dienstliche Angelegenheit
im weitesten Sinne des Wortes betreffen;
ob MS 90 zutrifft, wenn der Gefragte eine
von ihm begangene, nicht rechtskräftig
abgeurteilte Straftat ableugnet, ist bestrit-
ten, richtiger Ansicht nach zu verneinen,
da keine militärdienstliche Angelegenheit
in Frage steht. Strafandrohung: Arrest
von einem Tag bis sechs Wochen; Ver-
such straflos ; zuständig: niedere Gerichts-
barkeit (Standgericht), für im Offizierrang
Stehende höhere Gerichtsbarkeit (Kriegs-
gericht); in leichteren Fällen Disziplinar-
bestrafung; Verjährung der Strafverfol-
gung in drei Jahren; neben den Personen
des Soldatenstandes kommen im Felde
auch die Militärbeamten als Täter in
Frage, Personen des Beurlaubtenstandes
(Soldatenstandes) stets, wenn im Dienste
befindlich, außerhalb des Dienstes, wenn
die Tat im dienstlichen Verkehr mit dem
Vorgesetzten oder in der Militäruniform
begangen wurde. Eine nicht unter MS 90
fallende Form des Belügens bildet ledig-
lich den Tatbestand einer reinen Diszi-
plinarverfehlung (Belügen eines im
Dienstrange Höheren, einer Wache, eines
Vorgesetzten ohne vorausgegangene
Frage, in Privatsachen), es müßte denn
Belgien — Bentham.
falsche Anzeige oder falsche Meldungs-
erstattung vorliegen, S 164; MS 58%, 139.
Stichworte: Vorgesetzter, Untergebener, Höherer im
Dienstrange.
Quellen: MS 2, 6, 90, 118, 153, 158, 166; Eint-M8 3;
Motive: MC 14, 15, 17, 157, 250, 251: 3 66. 67; RMG &
221, 4 241, 6192, 10 152, 11 95; PrüfErg 2156; 31978, b;
5 134: 8 55; 11 27; 13 11, 24, 25; RG in Strafsachen 9 90,
88 208, 39 160 (bedenklich im Hinblick auf die Verjäh-
rungsgrundsätze des MS!).
ommentare zum MS von Andres, Hecker, v. Kopp-
mann, Keller, Rotermund, Weiffenbaoh,
Elsner v. Gronow und Sohl Militärstrafrecht;
Schlayer Militärstrafrechtt; Herz-Ernst Handaus-
be zum MS; M. E. Mayer Deutsches Militärstrafrecht
ı20ff; Ph. Mayer Erörterungen aus der militärstraf-
rechtlichen Theorie und Praxis 16; v. Schwartzkoppen
Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts 32, 71, 72, 102;
v. Koppmann im Recht 02 165ff; Hauck in der
Deutschen Juristenzeitung 07 281 ff; Mayer im Recht 97
607 fl. Autenrieth.
Benachteiligung der Gläubiger s.
Anfechtung, Bankerutt.
beneficium s. Lehnswesen.
beneficium abstinendi (römR) ist das
Recht der Hauskinder, die Erbschaft,
welche sie vom Hausvater ipso iure er-
werben, wieder von sich abzuwenden. —
b. cedendarum actionum, b. divisionis, b.
excussionis s. Bürge. — b. separationis ist
das Recht der Gläubiger des Erblassers,
die Erbschaft vom Vermögen des über-
schuldeten Erben zu sondern.
Benefizialwesen s. Lehnswesen.
Bentham, Jeremy, * 15. Febr 1748
zu London, promovierte 1764 als Bacca-
laureus und war seit 1772 kurze Zeit als
Advokat tätig. Nach einer größeren Reise
durch Europa und Vorderasien (1785-88)
lebte er seiner gelehrten MuBe und suchte
durch zahlreiche Schriften die Aufgabe zu-
lösen, Theorie und System einer vernunft-
gemäßen Gesetzgebung aufzustellen. Er
t 6. Juni 1832. Als der bedeutendste Ver-
treter des Utilitarismus wollte er eine
Moral und Staatstheorie begründen, die
auf dem Grundsatze des größtmöglichen
Nutzens beruhte und deren Zweck sein
sollte, der größtmöglichen Anzahl von
Menschen das größtmögliche Glück zu
vermitteln. („Die größte Glückseligkeit
für die größte Anzahl.“ Priestley.) Da-
zu erstrebte er den Ersatz des abstrakten
Rechtes durch ein Recht der Billigkeit.
Wenn nun auch der Utilitarismus als sol-
cher nicht von allzu weittragender Wir-
kung auf die Entwickelung des positiven
Rechtes war (der Utilitarismus fand An-
wendung bei der Bearbeitung der Gesetz-
bücher einigeramerikanischer Staaten, wie
schon vorher von der französischen Konsti-
tuierenden Versammlung die ihr mitgeteil-
ten Prinzipien beachtet wurden), so gab er
doch, durch die mit unerschrockener Kon-