Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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der Lokalbehörden auf Grund einer amt- 
lichen Mitteilung der zuständigen Behörde 
des ersuchenden Staates. Die beim 
Flüchtling beschlagnahmten Gegenstände 
werden mit übergeben. Neben der Aus- 
lieferung ist auch die Durchlieferung unter 
den gleichen Bedingungen gestattet. Die 
Kosten bis zur Übergabe an der Grenze 
trägt der ersuchte Staat. Rechtshilfe jeder 
Art wird stets gewährt, wenn es sich bei 
dem in Frage kommenden Delikt nicht um 
ein politisches Reat handelt. Strafer- 
kenntnisse wegen Verbrechen und Ver- 
gehen jeder Art werden diplomatisch ge- 
wechselt. Vgl auch Kongostaat. Grosch. 
Belügen eines Vorgesetzten (Mili- 
tärstrafrecht) ist als besonderer Fall der 
Achtungsverletzung durch MS 90 zu einem 
selbständigen militärischen Vergehen er- 
hoben, sofern eine Frage des Vorgesetz- 
ten in dienstlicher Angelegenheit voran- 
gegangen ist; die Tat kann mündlich, 
schriftlich, durch Zeichen, durch Ver- 
schweigen der Wahrheit begangen wer- 
den (bestritten im Hinblick auf den Ge- 
setzestext „wissentlich die Unwahrheit 
sagt‘‘); Frage des Vorgesetzten kann in 
und außerhalb des Dienstes geschehen, 
muß aber eine dienstliche Angelegenheit 
im weitesten Sinne des Wortes betreffen; 
ob MS 90 zutrifft, wenn der Gefragte eine 
von ihm begangene, nicht rechtskräftig 
abgeurteilte Straftat ableugnet, ist bestrit- 
ten, richtiger Ansicht nach zu verneinen, 
da keine militärdienstliche Angelegenheit 
in Frage steht. Strafandrohung: Arrest 
von einem Tag bis sechs Wochen; Ver- 
such straflos ; zuständig: niedere Gerichts- 
barkeit (Standgericht), für im Offizierrang 
Stehende höhere Gerichtsbarkeit (Kriegs- 
gericht); in leichteren Fällen Disziplinar- 
bestrafung; Verjährung der Strafverfol- 
gung in drei Jahren; neben den Personen 
des Soldatenstandes kommen im Felde 
auch die Militärbeamten als Täter in 
Frage, Personen des Beurlaubtenstandes 
(Soldatenstandes) stets, wenn im Dienste 
befindlich, außerhalb des Dienstes, wenn 
die Tat im dienstlichen Verkehr mit dem 
Vorgesetzten oder in der Militäruniform 
begangen wurde. Eine nicht unter MS 90 
fallende Form des Belügens bildet ledig- 
lich den Tatbestand einer reinen Diszi- 
plinarverfehlung (Belügen eines im 
Dienstrange Höheren, einer Wache, eines 
Vorgesetzten ohne vorausgegangene 
Frage, in Privatsachen), es müßte denn 
  
Belgien — Bentham. 
falsche Anzeige oder falsche Meldungs- 
erstattung vorliegen, S 164; MS 58%, 139. 
Stichworte: Vorgesetzter, Untergebener, Höherer im 
Dienstrange. 
Quellen: MS 2, 6, 90, 118, 153, 158, 166; Eint-M8 3; 
Motive: MC 14, 15, 17, 157, 250, 251: 3 66. 67; RMG & 
221, 4 241, 6192, 10 152, 11 95; PrüfErg 2156; 31978, b; 
5 134: 8 55; 11 27; 13 11, 24, 25; RG in Strafsachen 9 90, 
88 208, 39 160 (bedenklich im Hinblick auf die Verjäh- 
rungsgrundsätze des MS!). 
ommentare zum MS von Andres, Hecker, v. Kopp- 
mann, Keller, Rotermund, Weiffenbaoh, 
Elsner v. Gronow und Sohl Militärstrafrecht; 
Schlayer Militärstrafrechtt; Herz-Ernst Handaus- 
be zum MS; M. E. Mayer Deutsches Militärstrafrecht 
ı20ff; Ph. Mayer Erörterungen aus der militärstraf- 
rechtlichen Theorie und Praxis 16; v. Schwartzkoppen 
Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts 32, 71, 72, 102; 
v. Koppmann im Recht 02 165ff; Hauck in der 
Deutschen Juristenzeitung 07 281 ff; Mayer im Recht 97 
607 fl. Autenrieth. 
Benachteiligung der Gläubiger s. 
Anfechtung, Bankerutt. 
beneficium s. Lehnswesen. 
beneficium abstinendi (römR) ist das 
Recht der Hauskinder, die Erbschaft, 
welche sie vom Hausvater ipso iure er- 
werben, wieder von sich abzuwenden. — 
b. cedendarum actionum, b. divisionis, b. 
excussionis s. Bürge. — b. separationis ist 
das Recht der Gläubiger des Erblassers, 
die Erbschaft vom Vermögen des über- 
schuldeten Erben zu sondern. 
Benefizialwesen s. Lehnswesen. 
Bentham, Jeremy, * 15. Febr 1748 
zu London, promovierte 1764 als Bacca- 
laureus und war seit 1772 kurze Zeit als 
Advokat tätig. Nach einer größeren Reise 
durch Europa und Vorderasien (1785-88) 
lebte er seiner gelehrten MuBe und suchte 
durch zahlreiche Schriften die Aufgabe zu- 
lösen, Theorie und System einer vernunft- 
gemäßen Gesetzgebung aufzustellen. Er 
t 6. Juni 1832. Als der bedeutendste Ver- 
treter des Utilitarismus wollte er eine 
Moral und Staatstheorie begründen, die 
auf dem Grundsatze des größtmöglichen 
Nutzens beruhte und deren Zweck sein 
sollte, der größtmöglichen Anzahl von 
Menschen das größtmögliche Glück zu 
vermitteln. („Die größte Glückseligkeit 
für die größte Anzahl.“ Priestley.) Da- 
zu erstrebte er den Ersatz des abstrakten 
Rechtes durch ein Recht der Billigkeit. 
Wenn nun auch der Utilitarismus als sol- 
cher nicht von allzu weittragender Wir- 
kung auf die Entwickelung des positiven 
Rechtes war (der Utilitarismus fand An- 
wendung bei der Bearbeitung der Gesetz- 
bücher einigeramerikanischer Staaten, wie 
schon vorher von der französischen Konsti- 
tuierenden Versammlung die ihr mitgeteil- 
ten Prinzipien beachtet wurden), so gab er 
doch, durch die mit unerschrockener Kon-
	        
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