Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Bergarbeiter. 
daß sich das Vertragsverhältnis zwi- 
schen Bergwerksbesitzern und Bergleu- 
ten, soweit nicht landesberggesetzliche 
Sondervorschriften gegeben sind, nach 
den allgemeinen gesetzlichen Bestim- 
mungen regelt. Sondervorschriften dieser 
Art sind: 
1. Für den Fall der rechtswidrigen Auf- 
lösung des Arbeitsverhältnisses darf die 
Verwirkung des rückständigen Lohns 
nicht über den Betrag des durchschnitt- 
lichen Wochenlohns ausbedungen werden. 
2. Für jedes Bergwerk und die damit 
verbundenen unter der Aufsicht der Berg- 
behörden stehenden Anlagen muß eine 
Arbeitsordnung bestehen. Der Erlaß er- 
folgt durch Aushang. Die Arbeitsordnung 
muß Bestimmungen u.a. enthalten a. über 
Anfang und Ende der regelmäßigen Ar- 
beitszeit, Pausen, Über- und Nebenschich- 
ten, die Regelung der Ein- und Ausfahrt 
bei unter Tage beschäftigten Arbeitern, 
b. über alles, was für Schichtlohn oder Ge- 
dingebemessung' Bedeutung hat, c. über 
Zeit und Art der Abrechnung und Lohn- 
zahlung (namentlich auch bei ungenügend 
oder vorschriftswidrig beladenen Förder- 
gefäßen), d. über Kündigung und Entlas- 
sung, e. über Strafen (Art, Höhe, Fest- 
setzung, Beschwerde, Einziehung, Ver- 
wendungszweck), f. über Verwendung 
der (z. B. wegen Kontraktbruchs) ver- 
wirkten Lohnbeträge, g. über die etwaige 
Verabfolgung und Berechnung der Be- 
triebsmaterialien und Werkzeuge. Genü- 
gend und vorschriftsmäßig beladene För- 
dergefäße dürfen bei der Lohnberechnung 
nicht in Abzug gebracht werden. Unge- 
nügend oder vorschriftswidrig beladene 
Fördergefäße müssen soweit angerechnet 
werden, als ihr Inhalt vorschriftsmäßig 
ist (Verbot des sogen. Nullens). Die Ar- 
beiter dürfen das Verfahren bei Feststel- 
lung der ungenügenden oder vorschrifts- 
widrigen Beladung durch einen Ver- 
trauensmann (auf ihre Kosten) über- 
wachen lassen. 
3. Geldstrafen dürfen nie über einen vol- 
len Tageslohn, auch diesen nur ausnahms- 
weise, wegen Tätlichkeiten gegen Mit- 
arbeiter oder sonstiger gröberer Ver- 
stöße, betragen; in der Regel dürfen sie 
in jedem einzelnen Falle die Hälfte des 
durchschnittlichen Tagesarbeitsverdien- 
stes nicht übersteigen. Alle Strafgelder 
müssen zum Besten der Arbeiter des be- 
treffenden Bergwerkes verwendet‘ wer- 
  
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den. An der Verwaltung der Unter- 
stützungskasse muß der Arbeiteraus- 
schuß mit der Maßgabe beteiligt sein, 
daß den von den Arbeitern gewählten 
Mitgliedern mindestens die Hälfte der 
Stimmen zusteht. Mit Zustimmung des 
Arbeiterausschusses können in der Ar- 
beitsordnung auch Vorschriften über das 
Verhalten der Arbeiter bei Benutzung der 
Wohlfahrtseinrichtungen und Vorschrif- 
ten über das Verhalten der minderjäh- 
rigen Arbeiter außerhalb des Betriebes 
aufgenommen werden. 
Der Inhalt der Arbeitsordnung ist, so- 
weit er den Gesetzen nicht zuwiderläuft, 
rechtsverbindlich. Andere als die in der 
Arbeitsordnung oder im Berggesetze 
selbst vorgesehenen Gründe der Entlas- 
sung oder des Austritts dürfen im Ar- 
beitsvertrage nicht vereinbart werden. ' 
Andere als die in der Arbeitsordnung vor- 
gesehenen Strafen dürfen nicht verhängt 
werden. Die Strafen müssen ohne Verzug 
verhängt, mitgeteilt und in ein der Be- 
hörde offen liegendes Verzeichnis einge- 
tragen werden. 
4. Auf Bergwerken oder selbständigen 
Betriebsanlagen, auf denen in der Regel 
mindestens 100 Arbeiter beschäftigt wer- 
den, muß ein ständiger Arbeiterausschuß 
vorhanden sein, der das gute Einverneh- 
men zwischen der Belegschaft und dem 
Arbeitgeber wie innerhalb der Belegschaft 
erhalten und wiederherstellen soll. Die 
Mitglieder müssen in der Mehrzahl von 
den Arbeitern gewählt werden. Jede 
Steigerabteilung wählt aus ihrer Mitte 
einen Vertreter. Die Wahl ist unmittel- 
bar und geheim. Zur Wahl berechtigt 
sind nur volljährige Arbeiter, die seit Er- 
öffnung des Betriebes oder mindestens 
ein Jahr ununterbrochen auf dem Berg- 
werke gearbeitet haben. Die Vertreter 
müssen mindestens 30 Jahre alt sein und 
seit der Eröffnung des Betriebes oder 
mindestens drei Jahre ununterbrochen auf 
dem Bergwerke gearbeitet haben und, so- 
weit sie als Sicherheitsmänner tätig sein 
sollen, mindestens 5 Jahre unterirdisch 
und davon mindestens 2 Jahre als Häuer. 
Wähler und Vertreter müssen die bürger- 
lichen Ehrenrechte und die deutsche 
Reichsangehörigkeit besitzen, die Ver- 
treter überdies der deutschen Sprache in 
Wort und Schrift mächtig sein. Die Wahl 
erfolgt auf 1—5 Jahre. 
Der ständige Arbeiterausschuß soll nach
	        
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