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Platze wäre. Da dem schuldlosen Gewalt-
inhaber das Sorgerecht nicht entzogen
werden kann, so hat man sich damit ge-
holfen, daß man den Strafaufschub mit
Aussicht auf Begnadigung von der Befol-
gung der Ratschläge des Bv abhängig ge-
macht hat.
Die Berufspflegschaft ist immer Sam-
melpflegschaft. Denn das Reichsrecht
läßt nur die gesetzliche Vormundschaft,
keine Pflegschaft zu. Auch wo nur ein-
zelne Rechte der vormundschaftlichen
Gewalt für den Bv reserviert werden, ist
er Teilvormund, nicht Pfleger. Friede-
berg unterscheidet 3 Arten von Pfleg-
schaften, deren berufsmäßige Ausübung
von Vorteil sei: Ermittelungspflegschaft,
vorläufige Erziehungspflegschaft und die
endgültige Erziehungspflegschaft.
Tätigkeit solcher Berufspfleger gehört im
wesentlichen zur Praxis der Jugendge-
richte; vgl unter Jugendgericht.
Siehe bei Anstaltsvormundschaft. Außerdem: Berichte
über Tagung deutscher Berufsvormünder, 06, 07, 08, ent-
haltend u. a. Aufsätze von Polligkeit, Klumker,
Spann, Bücheler, Friedeberg, Pfeiffer, Coß-
mann, Rothschild, Landsberg, Ziegler,
Knittel. Dresden, Böhmert. — Veröffentl des Vereins t.
Säuglingsfürsorge, Düsseldorf, Heft 1, enthaltend Aufsätze
von Coßmann und Landsberg, Heft 2 enth. Frage-
kasten von Dr Marie Baum. — Klumker in Zeitschr f.
Sozialwiss 9 145; Kraus in Mutterschutz 2 237; Pall-
mann in Jugendfürsorge 06 538; Petersen Die öff Für-
sorge f.d. hilfsbedürftige Jugend, Teubner, Leipzig, 07,83.19;
Petersen im Archiv für soz Med 2 194; olligkeit
in Z f. krim Psych 06 210; Spann in Jugendfürsorge 06
Heft 1 und in Schr d. Österr Kinderschutzkongr, Manz,
Wien 07; Schiller in Selbstverwaltung 05 905;
Schwander in Jugendfürsorge 05 539, Tepelmann
in Jugendfürsorge 07 361; Kneilmann in Charitas 96
165, 188: Thoma Bad VerwZ 36 21; Taube Schutz d.
unehel K. in Leipzig, Leipzig 93, Veit & Co; Brugger
in Jugendfürsorge 06; Langsdorff im Recht 04 537;
Spann Soz Praxis 047; Landsberg im Recht 09 57;
Schloßmann und Baum im Recht 09 95; Egger
Der Rechtsschutz des Kindes 41, Zürich 08, Schultheß.
Landsberg.
Berufsvormund (Bayern) ist der von
der Gemeinde zur berufsmäßigen Führung
des Amtes eines Vormunds aufgestellte
Beamte. Als Berufsvormünder können
auch Frauen aufgestellt werden. Der Be-
rufsvormundschaft können unterstellt wer-
den:
1. die armen Kinder, welchen die erfor-
derliche Erziehung und Ausbildung von
der Armenpflege verschafft wird,
2. die unter Zwangserziehung stehenden
Minderjährigen,
3. Kostkinder unter 8 Jahren,
4. uneheliche Kinder, die auf Kosten der
Armenpflege in der mütterlichen Familie
erzogen werden.
Der Berufsvormund unterliegt vollstän-
dig der Aufsicht des Vormundschaftsge-
richts.
Eimf-B 136; Gesetz vom 23. Febr 1908 (GYB 85); Bayr
Rechtspflege 08 153. Ungewitter.
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Die
Berufsvormund — Berufung im Zivilprozeß.
Berufung zur Erbfolge (bürgR) ist
eine objektive Tatsache, welche den Er-
werb einer Erbschaft rechtfertigt. Die B
gibt einer Person die Möglichkeit, Erbe zu
werden (durch Antretung) oder Erbe zu
sein (ipso iure Erwerb, ev mit Ausschla-
gungsrecht). Im römRe sind Gründe der
B (Delation): Testament und Gesetz (In-
testat- und Noterbfolge). Im alten deut-
schen Re erfolgt die B durch Gesetz und
Erbvertrag. Nach B sind als Gründe der
B anerkannt: das Gesetz und die Verfü-
gung von Todes wegen (d. h. Testament
und Erbvertrag).
Berufung im Zivilprozeß, Z 511 ff.
Sie ist das Rechtsmittel gegen alle erst-
instanzlichen End- und diesen insoweit
gleichgestellen Zwischenurteile der
Amts- und Landgerichte, durch das inner-
halb der Grenzen der Berufungsanträge
vor dem höheren Gericht (Land-, Ober-
landesgericht) eine vollständige Nach-
prüfung in tatsächlicher und rechtlicher
Beziehung erzielt wird. B(e)r(ufung) kann
aber nur von dem eingelegt werden, der
durch das anzufechtende Urteil beschwert
ist, nicht alles erlangt hat. Eine Br allein
wegen der Kosten ist unzulässig, es sei
denn, daß über die Hauptsache durch An-
erkenntnisurteil entschieden ist, Z 99.
Versäumnisurteile unterliegen der Br nur,
wenn der Einspruch nicht statthaft und
geltend gemacht wird, der Fall der Ver-
säumnis habe nicht vorgelegen. Die Z
kennt keine Berufungssumme, dagegen
ist bei Sondergerichten, z. B. Gewerbe-
und Kaufmannsgericht, die Br an das
Landgericht nur zulässig, wenn der Streit-
wert eine bestimmte Summe (100 bzw
300 M) übersteigt, G 55, Einf-G 16, Gw
55. Die völlige Neuprüfung bedingt, daß
das Berufungsgericht auch alle dem End-
urteil voraufgegangenen Entscheidungen
des Untergerichtes nachzuprüfen hat, so-
: fern diese nicht als unanfechtbar oder
ausdrücklich als mit der Beschwerde an-
fechtbar bezeichnet sind. Das Berufungs-
gericht hat innerhalb der Grenzen der An-
träge auch zu verhandeln und zu entschei-
den über alle einen zu- oder aberkannten
Anspruch betreffenden Streitpunkte,
selbst wenn das Vordergericht sich da-
mit nicht befaßt hat. Der Rechtsstreit
wird in den Grenzen der Anträge neu ver-
handelt; die Parteien können neue Tat-
sachen und Beweise, Angriffs- und Ver-
teidigungsmittel geltend machen, die sie