Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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scheint eine wiederholte Vernehmung der 
in erster Instanz vernommenen Zeugen 
und Sachverständigen nicht erforderlich, 
so kann deren Gestellung oder Ladung 
unterbleiben. Mit Zustimmung des Ange- 
klagten kann auf dessen Anwesenheit in 
der Hauptverhandlung verzichtet werden, 
wenn sein Erscheinen besonders er- 
schwert ist oder der Angeklagte sich nicht 
auf freiem Fuße befindet; im übrigen 
wird, wenn weder der geladene Ange- 
klagte noch in den zulässigen Fällen ein 
Vertreter desselben bei Beginn der Ver- 
handlung erschienen und das Ausbleiben 
nicht genügend entschuldigt ist, entweder 
in Abwesenheit des Angeklagten ver- 
handelt oder dessen Vorführung ange- 
ordnet bzw dessen Verhaftung veranlaßt; 
eine sofortige Verwerfung der vom Ange- 
klagten eingelegten Br analog C 370 kennt 
die MC nicht. Der Prüfung des Beru- 
fungsgerichts unterliegt das Urteil nur in- 
soweit, als es angefochten ist. Wird die 
Br als unbegründet befunden, so wird sie 
durch Urteil verworfen; andernfalls er- 
kennt das Berufungsgericht unter Aufhe- 
bung des erstinstanzlichen Urteils in der 
Sache selbst; leidet das erstinstanzliche 
Urteil an einem Mangel, welcher die Revi- 
sion wegen Gesetzesverletzung im Ver- 
fahren begründen würde, so kann Zurück- 
verweisung in die erste Instanz zur noch- 
maligen Entscheidung erfolgen; war das 
Gericht erster Instanz unzuständig, so 
wird die Sache der zuständigen Stelle 
überwiesen oder aber erkennt das Beru- 
fungsgericht in der Sache selbst, wenn es 
als Gericht erster Instanz für die Sache be- 
stellt werden könnte. War das Urteil nur 
von dem Angeklagten oder zu dessen 
Gunsten angefochten, so ist reforma- 
tio in peius unbedingt verboten. Beru- 
fungsgerichte sind gegenüber standge- 
richtlichen Urteilen die Kriegsgerichte, ge- 
genüber (erstinstanzlichen) kriegsgericht- 
lichen Urteilen die Oberkriegsgerichte. 
(Gegen Urteile eines Kriegsgerichts als 
Berufungsgericht ist kein Rechtsmittel ge- 
geben!). Bemerkenswert ist, daß die 
Kriegsgerichte in erster und zweiter In- 
stanz unterschiedslos in der gleichen 
Richteranzahl (5) entscheiden. Gegen die 
im Felde oder an Land ergangenen Urteile 
findet kein Rechtsmittel statt; diese Ur- 
teile erlangen die Rechtskraft durch die 
Bestätigung, vor deren Erteilung der ver- 
urteilte Angeklagte protokollarisch über 
  
Berufung (MC) — Berufung der Richter. 
etwaige Beschwerden gegen das Urteil 
vernommen werden muß. 
MC 24 368, 365, 367—372, 378—8396, 419 ff und Motive 
zu diesen Paragraphen; Einf-MC 5, 6; AusfBestimmungen 
MC ru 368. Zahlreiche RMG, aufgeführt in den Spruch- 
sammlungen der Deutschen Juristenzeitung 4 148, 6 85 ff; 
10 100ff, 14 106 ff; ferner RMG 11 17, 19, 41, 62, 123, 
142, 148, 197, 205, 210, 227, 269, 297; 12 74, 86, 150, 
158, 196, 207, 261, 267, 277; zahlreiche Prüfungs - Er- 
ebnisse vyl RMG Generalregister zu 6-10 367ff und 
Ergebnisse 14 11—1?7, 15 17-33; 16 11—18; Kom- 
mentare MC von Cl. v Koppmann, Pechwell, 
Stenglein, Weigel; Elsner v. Gronow und 
Sohl Militärstrafrecht; Schlayer ebenso; Lehrbuch von 
Steidle; Herz-Ernst Kommentierte Handausgabe 
der MC; Steidle Militärstrafprozeß u. Reichsstrafprozeß- 
reform; Beling in Zeitschrift für die gesamte Strafrechte- 
wissenschaft 24 272ff; Dietz ebendaselbst 27 576 ff; 
v. Bippen in DJZ 06 1082; Ditzen in Goltdammers 
Archiv 52 366 ff, 53 47 fl; Gerland in Kritische Viertel- 
jahrsschriftt 9 578 ff; derselbe im Gerichtssaal 69 335 ff; 
v. Kries Rechtsmittel 101; v. Schwartzkoppen 
Entscheidungen 41iff; Weiffenbach Militärrechtliche 
Erörterungen 30 Autenrieth. 
fl. 
Berufung der Richter (Militärstraf- 
prozeß) bedeutet Übertragung des Rich- 
teramtes in den Standgerichten, Kriegs- 
und Oberkriegsgerichten; Gesetz und 
Motive lassen Klarheit über den Begriff 
vermissen; die genannten Gerichte sind 
nicht ständig: sie treten nur auf beson- 
deren Befehl und nur für den Einzel- 
fall zusammen. Der Befehl zum Zusam- 
mentritt des Gerichts ist stets Sache des 
Gerichtsherrn, die Übertragung des Rich- 
teramtes in den Gerichten im allge- 
meinen ebenfalls, nur wenn der Ange- 
; klagte ein General ist, beruft die Richter 
der zuständige Kontingentsherr bzw im 
Felde und bei den Admiralen und Gene- 
ralen der Marine der Kaiser. Man wird zu 
unterscheiden haben die allgemeine B(e)- 
r(ufung), d. h. die Ernennung zu Richtern 
über einen gewissen Zeitraum, und die be- 
sondere Br, d. h. die für den Einzelfall 
erfolgende Übertragung des Richteramtes. 
Eine allgemeine Ernennung zu Richtern 
erfolgt nur bei den Standgerichten (im 
Frieden und zu Land) und Oberkriegs- 
richten : hier bestimmt der Gerichtsherr als 
Befehlshaber ohne Zuziehung seines Ge- 
richtsoffiziers bzw richterlichen Beamten 
vor Beginn des Kalenderjahres und für die 
ganze Dauer derselben aus der Zahl der 
ihm unterstellten Offiziere die erforder- 
liche Anzahl von Richtern und Stellver- 
tretern; tritt der Fall eines Gerichtes ein, 
so beruft er die Richter besonders ad hoc; 
für diese Br ist Gerichtsoffizier bzw 
richterlicher Beamter mitverantwortlich 
und hat die Verfügung mitzuunter- 
zeichnen, denn an die allgemeine Br ist 
der Gerichtsherr bei der besonderen 
ı kraft Gesetzes gebunden. Bei Bildung der 
Kriegsgerichte ist ein ständiges allgemein 
berufenes Richterpersonal nicht vorhan-
	        
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