Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Besitz. 
Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwah- 
rer oder in einem ähnlichen Verhältnisse, 
vermöge dessen er einem anderen gegen- 
über auf Zeit zum Besitze berechtigt oder 
verpflichtet ist, derart besitzt, daß auch 
der andere Besitzer ist, B 868. — Miitel- 
barer Besitzer ist jemand, dessen Besitz 
durch einen Besitzmittler vermittelt wird. 
3. Eigenbesitzer ist, wer eine Sache als 
ihm gehörend besitzt; B 872. — Fremd- 
besitzer ist, wer eine Sache im Verwal- 
tungsbesitze oder Nutzbesitze hat. — 
Wird der Besitz mehreren zugestanden, 
dann muß man unterscheiden: Teilbesitz: 
B 865, — Mitbesitz: B 866. 
V. Der Besitzesschutz ist Selbstschutz 
und Gerichtsschutz; außerdem wird ein 
Abholungsanspruch gewährt. 
1. Der Besitzesschutz wird gegen ver- 
botene Eigenmacht gewährt, d. h. gegen 
die widerrechtliche Handlung dessen, der 
dem Besitzer ohne dessen Willen den 
Besitz entzieht oder ihn im Besitze stört, 
sofern nicht das Gesetz die Entziehung 
oder die Störung gestattet, B 858. Folge 
der verbotenen Eigenmacht ist, daß der 
durch verbotene Eigenmacht erworbene 
Besitz fehlerhaft ist. Der verlorene Besitz 
wird ihm gegenüber ohne Rücksicht auf 
den guten Glauben des Erwerbers des 
fehlerhaften Besitzes geschützt. Die 
Fehlerhaftigkeit geht auf den Erben ohne 
weiteres über; auf einen anderen nur, 
wenn der Fehler dem Erwerber be- 
kannt ist. 
2. Der Selbstschutz wird dem Besitzer 
und dem Besitzdiener derart gewährt, daß 
er verbotener Eigenmacht mit Gewalt sich 
erwehren darf. a. Wird eine bewegliche 
Sache dem Besitzer mittels verbotener 
Eigenmacht weggenommen, so darf er sie 
dem auf frischer Tat betroffenen oder ver- 
folgten Täter mit Gewalt wieder abneh- 
men. — b. Wird dem Besitzer eines 
Grundstückes der Besitz durch verbotene 
Eigenmacht entzogen, so darf er sofort 
nach der Entziehung durch Entsetzung des 
Täters sich des Besitzes wieder bemäch- 
tigen, B 859, 860. 
3. Der Gerichtsschutz wird dem Be- 
sitzer (nicht dem Besitzdiener) gewährt, 
und zwar als Besitzentziehungsklage und 
als Besitzstörungsklage. — Wird der Be- 
sitz dem Besitzer durch verbotene Eigen- 
macht entzogen, so kann er die Wieder- 
einräumung des Besitzes von dem ver- 
langen, der ihm gegenüber fehlerhaft be- 
  
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sitzt. Die Klage heißt Besitzentziehungs- 
klage, B 861. Jedoch ist der Anspruch 
ausgeschlossen, wenn der entzogene Be- 
sitz dem gegenwärtigen Besitzer oder 
dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehler- 
haft war und in dem letzten Jahre vor 
der Entziehung erlangt worden ist. — 
Wird der Besitzer durch verbotene Eigen- 
macht im Besitze gestört, so kann er von 
dem Störer die Beseitigung der Störung 
verlangen. Die Klage wird Besitzstö- 
rungsklage genannt, B 862. Sind weitere 
Störungen zu besorgen, so kann der Be- 
‚sitzer auf Unterlassung klagen. 
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn 
der Besitzer dem Störer oder dessen 
Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft be- 
sitzt und der Besitz in dem letzten Jahre 
vor der Störung erlangt worden ist. 
Gegenüber der Besitzentziehungs- oder 
Besitzstörungsklage kann ein Recht zum 
Besitze oder zur Vornahme der störenden 
Handlung nur zur Begründung der Be- 
hauptung geltend gemacht werden, daß 
die Entziehung oder die Störung des Be- 
sitzes nicht verbotene Eigenmacht sei. 
Der Gerichtsschutz geht verloren: a. mit 
dem Ablaufe eines Jahres nach der Ver- 
übung der verbotenen Eigenmacht, wenn 
nicht vorher der Anspruch im Wege der 
Klage geltend gemacht wird (Überjährig- 
keit); — b. auch dann, wenn nach der 
Verübung der verbotenen Eigenmacht 
durch rechtskräftiges Urteil festgestellt 
wird, daß dem Täter ein Recht an der 
Sache zusteht, vermöge dessen er die 
Herstellung eines seiner Handlungsweise 
entsprechenden Besitzstandes verlangen 
kann; petitorium absorbet possessorium. 
VI. Der Abholungsanspruch wird in 
Fällen gewährt, in denen weder eine Be- 
sitzentziehung noch eine Besitzstörung 
vorliegt, noch außerdem der Herausgabe- 
anspruch begründet ist, B 867. 1. Ist eine 
Sache aus der Gewalt des Besitzers auf 
ein im Besitze eines anderen befindliches 
Grundstück gelangt, so hat ihm der Be- 
sitzer des Grundstückes die Aufsuchung 
und die Wegschaffung zu gestatten, sofern 
nicht die Sache inzwischen in Besitz ge- 
nommen worden ist. — 2. Der Besitzer 
des Grundstückes kann Ersatz des durch 
die Aufsuchung und die Wegschaffung 
entstehenden Schadens verlangen. Er 
kann, wenn die Entstehung eines Scha- 
dens zu besorgen ist, die Gestattung ver- 
weigern, bis ihm Sicherheit geleistet wird.
	        
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