Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

246 
schriften, welche für einzelne bestimmte 
Rechtsverhältnisse die Bw ausdrücklich 
regeln. Es handelt sich im wesentlichen 
um folgende Bestimmungen: Der falsus 
procurator schließt seine Haftung durch 
den Nachweis seiner Vertretungsmacht 
aus, B 179. Der Schuldner, welcher aus 
der Unmöglichkeit der Leistung Befrei- 
ung von der Schuldverbindlichkeit her- 
leitet, hat zu beweisen, daß die Unmög- 
lichkeit nicht Folge eines von ihm zu ver- 
tretenden Umstandes ist, B 282. Der die 
Verwirkung einer Vertragsstrafe oder die 
Zulässigkeit eines Rücktritts bestreitende 
Schuldner, welcher Erfüllung seiner Ver- 
bindlichkeit behauptet, muß die Erfüllung 
beweisen, wenn die geschuldete Leistung 
in einem Handeln besteht (während die 
Bw den Gläubiger trifft, wenn ein Unter- 
lassen geschuldet wird), B 345, 358. 
Der die Nichterfüllung behauptende 
Gläubiger ist beweispflichtig, wenn er 
Leistung eines aliud oder unvollständige 
Leistung geltend macht, B 363. Der 
Käufer hat einen von ihm geltend ge- 
machten Mangel im Rechte zu beweisen, 
B 442. Der die Zulässigkeit einer Kündi- 
gung bestreitende Vermieter hat die von 
ihm behauptete rechtzeitige Gewährung 
des Gebrauchs der Sache oder Abhilfe 
vor Fristablauf zu beweisen, B 542 Abs 3. 
Beim Werkvertrag hat der Unternehmer 
die rechtzeitige Herstellung des Werkes 
zu beweisen, wenn er aus diesem Grunde 
die Zulässigkeit eines Rücktritts bestreitet, 
B 636 Abs 2. Wer einem Pflichtteilsbe- 
rechtigten den Pflichtteil entzieht bzw 
diese Entziehung geltend macht, hat den 
Grund der Enterbung zu beweisen, B 2336 
Abs 3, vgl auch B 2297. Der Grund einer 
exheredatio bona mente wird analog be- 
handelt, B 2338 Abs 2. — Ähnliche be- 
weislastregelnde Bestimmungen gibt es 
auch sonst im Zivilrecht, z. B. die be- 
kannte gesetzliche Verteilung (richtiger: 
Umkehrung) der Bw bei der Anfechtung 
von Rechtshandlungen innerhalb und 
außerhalb des Konkursverfahrens, K 30 
Nr 2, 31 Nr 2; A 3 Nr 2, oder die Vor- 
schrift über die Befreiung desjenigen, wel- 
cher nach Konkurseröffnung auf eine zur 
Konkursmasse zu erfüllende Verbindlich- 
keit an den Gemeinschuldner leistet; da 
nach wird bei Leistung vor der öffent- 
lichen Bekanntmachung der Eröffnung der 
Erfüllende zwar befreit, Gegenbeweis ist 
aber zulässig, daß in Kenntnis der Eröff- 
  
Beweislast. 
nung geleistet worden ist, während der 
nach der öffentlichen Bekanntmachung 
Erfüllende erst durch seinen Beweis der 
Nichtkenntnis der Eröffnung (zur Zeit der 
Leistung) befreit wird, K 8. 
Die Bw ist unabhängig von der — ja 
zufälligen — prozessualen Parteirolle, so 
daß die allgemeinen Prinzipien auch 
gelten, wenn (wie z. B. bei der negativen 
Feststellungsklage, bei der Klage aus 
Z 767, bei Klagen unter Berufung auf 
den Rechtsweg gegen Vorentscheidungen 
von Verwaltungsbehörden) die äußere 
Parteistellung und die prozessuale Be- 
tätigung (Bestreiten von Ansprüchen, Gel- 
tendmachung von Einreden usw) mitein- 
ander scheinbar in Widerspruch stehen. 
Ebenso gleichgültig erscheint es für die 
Beurteilung und Normierung der Bw, ob 
es sich bei den streitigen (und daher zu 
erweisenden) Tatsachen um solche mate- 
riellrechtlicher Art handelt oder um rein 
prozessuale; letzterer Natur sind z. B. 
die sog Prozeßvoraussetzungen, die pro- 
zeßhindernden Einreden und alle son- 
stigen formellen Bedingungen des Ver- 
fahrens. 
Es ist streitig, ob die Zerstörung, Vor- 
enthaltung oder sonstige Entziehung 
eines Beweismittels zur — gewissermaßen 
strafweisen — Folge hat, daß sich die Bw 
umkehrt. Einen Anhalt im positiven 
Rechte gibt es dafür kaum. Früher er- 
kannte das Reichsoberhandelsgericht 
diese Wirkung an, das Reichsgericht 
schwankt. Es ist zuzugeben, daß sich 
unter Zuhilfenahme der freien Beweis- 
theorie, Z 286, und der Analogie ge- 
wisser Bestimmungen des Urkundenbe- 
weises, Z 427, 441, 444, eine derartige 
Konstruktion vielleicht halten ließe. 
Es fragt sich, ob eine vertragliche Re- 
gelung der Bw zulässig ist. Die Frage ist 
prinzipiell zu verneinen ; denn obgleich die 
Bw (s. 0.) auch zivilrechtlicher Natur ist, 
so beherrscht sie den gesamten Prozeß 
dergestalt, daß willkürliche Parteiverein- 
barungen über dieselbe einen unerträg- 
lichen Eingriff in die staatliche Rechts- 
ordnung bedeuten. Hier gilt: jus publicum 
privatorum pactis mutari nequit. Verein- 
barungen, welche lediglich der Form nach, 
also rein äußerlich die Bw berühren, nach 
ihrer innerlichen, wahren Bedeutung aber 
nichts weiter bezwecken, als materiell- 
rechtliche Punkte zu normieren, also z.B. 
im Effekt nur bedingende, befristende Ab-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.