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schriften, welche für einzelne bestimmte
Rechtsverhältnisse die Bw ausdrücklich
regeln. Es handelt sich im wesentlichen
um folgende Bestimmungen: Der falsus
procurator schließt seine Haftung durch
den Nachweis seiner Vertretungsmacht
aus, B 179. Der Schuldner, welcher aus
der Unmöglichkeit der Leistung Befrei-
ung von der Schuldverbindlichkeit her-
leitet, hat zu beweisen, daß die Unmög-
lichkeit nicht Folge eines von ihm zu ver-
tretenden Umstandes ist, B 282. Der die
Verwirkung einer Vertragsstrafe oder die
Zulässigkeit eines Rücktritts bestreitende
Schuldner, welcher Erfüllung seiner Ver-
bindlichkeit behauptet, muß die Erfüllung
beweisen, wenn die geschuldete Leistung
in einem Handeln besteht (während die
Bw den Gläubiger trifft, wenn ein Unter-
lassen geschuldet wird), B 345, 358.
Der die Nichterfüllung behauptende
Gläubiger ist beweispflichtig, wenn er
Leistung eines aliud oder unvollständige
Leistung geltend macht, B 363. Der
Käufer hat einen von ihm geltend ge-
machten Mangel im Rechte zu beweisen,
B 442. Der die Zulässigkeit einer Kündi-
gung bestreitende Vermieter hat die von
ihm behauptete rechtzeitige Gewährung
des Gebrauchs der Sache oder Abhilfe
vor Fristablauf zu beweisen, B 542 Abs 3.
Beim Werkvertrag hat der Unternehmer
die rechtzeitige Herstellung des Werkes
zu beweisen, wenn er aus diesem Grunde
die Zulässigkeit eines Rücktritts bestreitet,
B 636 Abs 2. Wer einem Pflichtteilsbe-
rechtigten den Pflichtteil entzieht bzw
diese Entziehung geltend macht, hat den
Grund der Enterbung zu beweisen, B 2336
Abs 3, vgl auch B 2297. Der Grund einer
exheredatio bona mente wird analog be-
handelt, B 2338 Abs 2. — Ähnliche be-
weislastregelnde Bestimmungen gibt es
auch sonst im Zivilrecht, z. B. die be-
kannte gesetzliche Verteilung (richtiger:
Umkehrung) der Bw bei der Anfechtung
von Rechtshandlungen innerhalb und
außerhalb des Konkursverfahrens, K 30
Nr 2, 31 Nr 2; A 3 Nr 2, oder die Vor-
schrift über die Befreiung desjenigen, wel-
cher nach Konkurseröffnung auf eine zur
Konkursmasse zu erfüllende Verbindlich-
keit an den Gemeinschuldner leistet; da
nach wird bei Leistung vor der öffent-
lichen Bekanntmachung der Eröffnung der
Erfüllende zwar befreit, Gegenbeweis ist
aber zulässig, daß in Kenntnis der Eröff-
Beweislast.
nung geleistet worden ist, während der
nach der öffentlichen Bekanntmachung
Erfüllende erst durch seinen Beweis der
Nichtkenntnis der Eröffnung (zur Zeit der
Leistung) befreit wird, K 8.
Die Bw ist unabhängig von der — ja
zufälligen — prozessualen Parteirolle, so
daß die allgemeinen Prinzipien auch
gelten, wenn (wie z. B. bei der negativen
Feststellungsklage, bei der Klage aus
Z 767, bei Klagen unter Berufung auf
den Rechtsweg gegen Vorentscheidungen
von Verwaltungsbehörden) die äußere
Parteistellung und die prozessuale Be-
tätigung (Bestreiten von Ansprüchen, Gel-
tendmachung von Einreden usw) mitein-
ander scheinbar in Widerspruch stehen.
Ebenso gleichgültig erscheint es für die
Beurteilung und Normierung der Bw, ob
es sich bei den streitigen (und daher zu
erweisenden) Tatsachen um solche mate-
riellrechtlicher Art handelt oder um rein
prozessuale; letzterer Natur sind z. B.
die sog Prozeßvoraussetzungen, die pro-
zeßhindernden Einreden und alle son-
stigen formellen Bedingungen des Ver-
fahrens.
Es ist streitig, ob die Zerstörung, Vor-
enthaltung oder sonstige Entziehung
eines Beweismittels zur — gewissermaßen
strafweisen — Folge hat, daß sich die Bw
umkehrt. Einen Anhalt im positiven
Rechte gibt es dafür kaum. Früher er-
kannte das Reichsoberhandelsgericht
diese Wirkung an, das Reichsgericht
schwankt. Es ist zuzugeben, daß sich
unter Zuhilfenahme der freien Beweis-
theorie, Z 286, und der Analogie ge-
wisser Bestimmungen des Urkundenbe-
weises, Z 427, 441, 444, eine derartige
Konstruktion vielleicht halten ließe.
Es fragt sich, ob eine vertragliche Re-
gelung der Bw zulässig ist. Die Frage ist
prinzipiell zu verneinen ; denn obgleich die
Bw (s. 0.) auch zivilrechtlicher Natur ist,
so beherrscht sie den gesamten Prozeß
dergestalt, daß willkürliche Parteiverein-
barungen über dieselbe einen unerträg-
lichen Eingriff in die staatliche Rechts-
ordnung bedeuten. Hier gilt: jus publicum
privatorum pactis mutari nequit. Verein-
barungen, welche lediglich der Form nach,
also rein äußerlich die Bw berühren, nach
ihrer innerlichen, wahren Bedeutung aber
nichts weiter bezwecken, als materiell-
rechtliche Punkte zu normieren, also z.B.
im Effekt nur bedingende, befristende Ab-