Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Calvin — capitula. 
schuf er sich durch seine Sittenstrenge 
auch Feinde, deren Zahl schnell wuchs 
und die es 1538, als einige kirchliche Strei- 
tigkeiten unter den Reformierten auf die 
Spitze getrieben worden waren, durchzu- 
setzen wußten, daß er wie auch die Pre- 
diger Farel und Corauld (Caraud) aus der 
Stadt gewiesen wurden. Cv brach nach 
Basel auf und ging von da nach Straßburg, 
wo er Prediger der reformierten Ge- 
meinde wurde, auch an der dortigen Uni- 
versität theologische Vorlesungen hielt. 
Von Straßburg aus, wo er übrigens mit 
einer Witwe Idelette von Bures die Ehe 
schloß, trat er mit den deutschen Refor- 
matoren in Verbindung. So kam er auf 
den Religionsgesprächen zu Worms und 
Regensburg namentlich zu Melanchthon 
in Beziehung. 
Indessen hatten sioh die Genfer, welche 
die Vertreibung ihrer reformierten Pre- 
diger bereuten, mehrmals mit der Bitte 
um Rückkehr an Cv gewendet. Im Jahre 
15411 kam er diesem ihrem Wunsche nach, 
um alsbald die Genfer Kirchen- und 
Staatsregierung von Grund auf zu refor- 
mieren. Er schuf die sog Presbyterialver- 
fassung. Die Gemeinde wählte Älteste, 
um ihre Angelegenheiten zu leiten. Außer- 
dem bestand ein aus zwölf weltlichen und 
sechs geistlichen Mitgliedern zusammen- 
gesetztes Konsistorium, an dessen Spitze 
Cv selbst zu stehen pflegte und dem vor 
allem die Funktionen eines Sittengerichts 
oblagen. Die ungemeine Sittenstrenge 
aber, die Cv hierbei neuerdings walten 
ließ, schuf ihm bald abermals zahlreiche 
Feinde. Es entstand die Libertinenpartei, 
die aber diesmal offiziellen Einfluß nur in 
schwachem Maße erlangte. Immerhin 
versuchte sie im Jahre 1555 einen Auf- 
ruhr, der damit endete, daß eine Anzahl 
ihrer Führer hingerichtet wurde. Schon 
vorher aber, 1553, hatte Cv bewiesen, daß 
er gesonnen war, seine religiöse Meinung 
nötigenfalls mit den allerschärfsten Mit- 
teln zu vertreten. Am 27. Okt 1553 fand 
in Genf die Hinrichtung Michael Servets 
statt, der sich durch seinen Angriff auf die 
Lehre von der Dreieinigkeit verhaßt ge- 
macht hatte und dessen Verurteilung zur 
Todesstrafe auf dem Scheiterhaufen nicht 
zuletzt auf den Umstand zurückzuführen 
war, daß Calvins an ihm vorgenommene 
Bekehrungsversuche ohne Erfolg blieben. 
Im Jahre 1558 wurde auf Cvs Anregung 
in Genf ein Gymnasium errichtet, aus dem 
  
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bald darauf eine Universität hervorging, 
die hernach den Zentralpunkt für die Be- 
strebungen der reformierten Kirche bil- 
dete. 
Cv starb in Genf am 27. Mai 1564. 
Heiz Calvins kirchenrechtliche Ziele, Theol Zeitschrift 
aus der Schweiz 10 98; Choisy La th£ocratie A Gendve 
au temps de Calvin, 97; Calvini overa, edd. Baum, Cu- 
nitz, Reuß, im Corp Ref, 59 Bde, 84-00; Erichson 
Bibfiographia Calviniana, 00; Kampschulte Joh. Calv. 
8, 69-99; L’Etat chrätien A Geneve au temps de Th. de 
Bexre, 038. Vgl auch die Lehrbücher von Frantz, Fried- 
berg, Sohm und Zorn. Knetsch. 
Calvo, Carlos, * 26. Febr 1824 zu Bu- 
enos Aires, war lange im diplomatischen 
Dienste seines Vaterlandes tätig und } 
am 4. Mai 1893 in Paris. Er gehört zu 
den Mitbegründern des Institut de droit 
international und hat in seinen völker- 
rechtlichen Werken die Wissenschaft des 
positiven Völkerrechtes vielfach berei- 
chert. 
Er veröffentlichte u. a.: Recueil complet des 
traites . . . et autres actes diplomatiques de tous 
les Etats de l’Amerique latine compris entre le 
golfe de Mexique et le cap Horn depuis 1493 
usqu’a nos jours, Paris 62-69, 11; Annales 
  
historiques de la Revolution de l’Amerique latine 
depuis 1808, Paris 64—67, 5; Le droit inter- 
national theorique et pratique, 1—5#, 6'5, Supple- 
ment general, Paris, Berlin 87”—%;; Dictionnaire 
de droit international public et prive, Berlin, 
Paris 85, 2. Bogeng. 
cambium Wechsel (s. d.). 
camera apostolica s. curia Romana. 
camerlengo ist ein Kardinal, der sede 
vacante das Kardinalskollegium leitet. 
Canada, englische Kolonie mit eigener 
Verfassung, s. Hamilton bei Posener 
Staatsverfassungen des Erdballs, 1909. 
cancellaria apostolica s. curia Ro- 
mana. 
candidatus (RR), ein weißgekleideter 
kaiserlicher Beamter (quaestor). 
canon s. Corpus juris canonici. 
canonisatio (kathKR), Heiligspre- 
chung. 
Canton, Einzelstaat der Schweiz (s.d.). 
capacitas (RR), Fähigkeit, aus einem 
bestimmten Nachlasse etwas zu erwer- 
ben; s. Erbfähigkeit. 
capella, kleines Heiligtum, so genannt 
nach der capa des heiligen Martin von 
Tours; vgl KlHandb 1 308. P. 
capellanus, Kaplan. 
capite censi, der Kopfsteuer unter- 
worfen, nach der servianischen Verfas- 
sung die Angehörigen der 193. Zenturie. 
Capito s. Sabinianer. 
capitula (deutschR) sind königliche 
Verordnungen in der Zeit der Karolinger; 
die einzelne Verordnung hieß capitulare
	        
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