Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Augusti Electoris Saxonici ... ., Frankfurt 
1638 (u. ö., Ausgabe letzter Hand Leipzig 
1663). In diesem Werke suchte Carpzov 
nach neuer Methode (kurze Angabe der 
Entscheidungen [Definitiones], Anführung 
der hauptsächlichen Entscheidungsgründe 
mit Belegen aus dem römischen und 
sächsischen Recht) auf Grund der vorhan- 
denen Entscheidungen des Leipziger 
Schöppenstuhls dessen Gerichtsgebrauch 
zu erläutern, die moderne Übung eines 
weitangesehenen Gerichtshofes darzustel- 
len, mit ihm erwarb er sich bleibende Ver- 
dienste um die Fortbildung des gemeinen 
römischen Rechtes, dessen dogmenge- 
schichtliche Entwickelung er in hohem 
Grade beeinflußt hat. Hierher gehören 
auch die Responsa juris electoralia, Leip- 
zig 1642 (1658 u. ö.), und die Decisiones 
illustres Saxonicae rerum et quaestio- 
num forensium, Leipzig 1646—1654, 3 
(1660 u. ö.). Jurisprudentia ecclesiastica 
seu consistorialis, Leipzig 1649 (auch 
u.d. T. Definitiones ecclesiasticae, in spä- 
teren Ausgaben [1655, 1665 u. ö.] Opus 
definitionum ecclesiasticum), das erste 
vollständige System des protestantischen 
Kirchenrechts, das Carpzov als einen 
Hauptvertreter des Episkopalsystemes 
zeigt. 
Processus juris in foro saxonico, Jena 
1657 (1663 u. ö.). Das prozessuale Haupt- 
werk Carpzovs, in dem er den Inhalt 
seiner früheren Schriften über den sächsi- 
schen Prozeß (insbesondere Jurispruden- 
tia forensis, 1638 [Erster Teil: Zivilprozeß] 
und Praxis criminalis, 1638 [Strafprozeß]) 
zu einem Handbuche des sächsischen Pro- 
zesses zusammenfaßte, das geraume Zeit 
die Entwickelung des deutschen Prozes- 
ses beeinflußt hat. Bogeng. 
carta (DtschR) ist eine dem Abschlusse 
des Geschäftes dienende Geschäftsur- 
kunde; cartam levare bedeutet Aufheben 
der hingeworfenen c in rechtsförmlicher 
Weise. Von dem levare cartam stammt 
der Ausdruck: eine Urkunde aufnehmen, 
den Protest levieren oder aufnehmen. — 
Notitia, die schlichte Beweisurkunde, ist 
lediglich Beweismittel. Sie verlangt ein 
Geständnis des Gegners und hat daher 
nur die Bedeutung eines Zeugenverzeich- 
nisses. — Das Auffinden der überlieferten 
Urkunden wird durch Regesta, gedruckte 
Verzeichnisse, erleichtert. 
Vgl Brunner DRGesch 1? 5689, 570; Schröder 
DRüOesch*! 263. P. 
Cartesius s. Philosophie, Neuere. 
  
Carpzov — Casablanca. 
cartularium s. Lehnrecht, Volks- 
rechte. 
Carvilius Ruga (RR), angeblich der 
erste, dessen Ehe geschieden wurde 
(Ende der Republik). 
Casablanca. Zwischen dem Deut- 
schen Reiche und Frankreich war in Ma- 
rokko bei Gelegenheit der Flucht von 
Fremdenlegionären ein Streitfall entstan- 
den. Beide Regierungen sind am 10. Nov 
1908 übereingekommen, die gesamten 
Streitfragen, welche durch die am 25. Sept 
1908 in Casablanca vorgekommenen Be- 
gebenheiten hervorgerufen sind, einem 
zu diesem Zwecke zusammenberufenen 
Schiedsgerichte zu unterbreiten, und nach- 
dem die beiden Regierungen sich ver- 
pflichtet haben, einander ihr Bedauern 
über das Vorgehen ihrer Angestellten 
nach Maßgabe der von den Schiedsrich- 
tern über den Tatbestand und die Rechts- 
frage zu treffenden Entscheidung auszu- 
sprechen, hat das Schiedsgericht im Haag 
am 22. Mai 1909 erkannt und verkündet: 
1. Zu Unrecht sowie mittels eines 
schweren und offensichtlichen Versehens 
hat der Sekretär des Kaiserlich Deutschen 
Konsulats in Casablanca den Versuch ge- 
macht, Deserteure der französischen 
Fremdenlegion, die nicht die deutsche 
Reichsangehörigkeit besaßen, auf einem 
deutschen Dampfer einzuschiffen. — 
2. Der deutsche Konsul und die anderen 
Angestellten des Konsulats sind hierfür 
nicht verantwortlich; doch hat der Kon- 
sul durch Unterzeichnung des ihm vor- 
gelegten Geleitscheines ein nicht beab- 
sichtigtes Versehen begangen. — 3. Das 
deutsche Konsulat hatte unter den vor- 
liegenden Umständen nicht das Recht, 
den Deserteuren deutscher Reichsange- 
hörigkeit seinen Schutz zu gewähren; 
döch kann der in dieser Hinsicht von den 
deutschen Konsularbeamten begangene 
Rechtsirrtum ihnen weder als beabsich- 
tigtes noch als unbeabsichtigtes Versehen 
zugerechnet werden. — 4. Zu Unrecht 
haben die französischen Militärbehörden 
den im Namen des deutschen Konsulats 
über die Deserteure ausgeübten tatsäch- 
lichen Schutz nicht soweit irgend möglich 
respektiert. — 5. Selbst abgesehen von 
der Verpflichtung, den konsularischen 
Schutz zu respektieren, berechtigten die 
Umstände französische Militärpersonen 
weder zur Bedrohung mit einem Revolver 
noch zur Fortsetzung der dem marokkani-
	        
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