Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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ben war. Man unterscheidet zwischen 
frischer und alter D(e)f(loration.. Die 
erstere läßt die Zeichen der Zerreißung 
des Hymens noch nachweisen (Wunde 
desselben oder Blutunterlaufung, leichte 
geschwürige Beschaffenheit der Riß- 
stelle, ev Blutung aus dieser); da Hy- 
menalrisse leicht heilen, so ist nach we- 
nigen Tagen bereits die Df als eine alte 
anzusehen; hierbei sind die Hymenalrisse 
bereits vernarbt und derart bisweilen in 
ihrem Aussehen, daß sie von natürlichen 
Einkerbungen schwer unterscheidbar 
sind. In diesem Zustande kommen sie 
auch erst meist zur Untersuchung. Daher 
sind bei dieser die subjektiven Angaben 
der deflorierten Person mit in Betracht zu 
ziehen. Diese werden meist als Schmer- 
zen im Scheideneingang, schweres Gehen, 
erschwertes Urinieren, erschwertes Sitzen 
und Spreizen der Beine geschildert. Bei 
der Df wird das Jungfernhäuchen nur ein- 
gerissen. Starke Blutungen können dabei 
vorkommen; fehlte die Blutung, so ist 
daraus nicht etwa auf bereits vorherge- 
gangene Df zu schließen. (Dehnbarkeit 
des H.) Bestehende Risse im Hymen 
weisen stets darauf hin, daß ein Gegen- 
stand gewaltsam in die Scheide einge- 
drungen ist. Die häufigsten Risse finden 
sich rechts oder links oder rechts und 
links neben der Mittellinie hinten, bis- 
weilen auch vorn neben dieser. Eine Lä- 
sion des Hymen, eines diaphragmatisch 
den Scheideneingang versperrenden Häut- 
chens (Membran), braucht nicht durch ge- 
setzwidrigen Beischlaf verursacht zu sein, 
sie kann auch durch den gewaltsam einge- 
brachten Finger eines anderen Individu- 
ums entstehen (bei Kindern häufig, an 
denen Gewalt geübt worden); indessen 
selbst hier muß man Vorsicht üben, da 
auch dergleichen Läsionen durch den eige- 
nen Finger des Kindes geschehen sein 
könnten, wenn z. B. juckender Ausschlag, 
Würmer oder dgl m. Manipulationen des 
Kindes an seinem Geschlechtsteil veran- 
lassen. Dagegen wird Onanie nur aus- 
nahmsweise hierfür heranzuziehen sein. 
Cohn. 
Deflorationsanspruch, irrtümliche 
Bezeichnung des Anspruches aus B 1300; 
siehe Verlöbnis. 
Degeneration bezeichnet die Ab- 
weichung vom allgemeinen Typus. „Ent- 
artet ist der, welcher vererbbare Abwei- 
chungen vom Typus zeigt.“ (Moebius.) 
  
Defioration — Degradation. 
Hierzu ist jedoch zu bemerken, daß ein 
„geistiger Kanon‘ bis heute durchaus 
noch kein gesicherter Besitz für uns ist. 
Nur die Häufung von körperlichen Dege- 
nerationszeichen an ein und demselben 
Individuum gestattet die Annahme, daß 
auch dessen Funktionen in geistiger Hin- 
sicht von der Form abweichen werden 
und eine Degeneration d. i. eine unharmo- 
nische, ungleichmäßige Ausbildung der 
einzelnen psychischen Qualitäten bzw 
der geistigen Entwicklung vorliegt. Als 
Degenerationszeichen sind hervorzuhe- 
ben: Anomalien an den Ohren; ver- 
schiedene Anheftung der Ohren nach vorn 
oder hinten, verschiedene Größe, Ange- 
wachsensein der Ohrläppchen, Henkel- 
ohren, Spitzohren etc; an den Augen: Feh- 
len der Regenbogenhaut (Iris), mehrere 
Öffnungen in dieser, verschiedene Fär- 
bung derselben, exzentrische Lage der 
Pupillen usw; an den Lippen Hasen- 
scharte; am harten Gaumen: hoher, stei- 
ler, spitzbogenartig gewölbter Gaumen; 
an den Zähnen: Form, Größe und Zahl 
derselben; an den Händen und Füßen: 
Vermehrung oder Verminderung der Zahl 
der Zehen bzw Finger; an der Haut: über- 
mäßige Haarentwickelung, abnorme Be- 
haarung der Geschlechtsteile, Mangel des 
Kopf- und Barthaares im jugendlichen 
Alter, verwachsene Augenbrauen, früh- 
zeitiges Ergrauen und Ausfallen der 
Haare; Überzahl der Brustwarzen; am Ge- 
nitale: Epispadie, Hypospadie, Kryptor- 
chismus usw usw. Psychische Degenera- 
tionszeichen sind: Stottern, Migräne, 
Krämpfe, Lähmungen, Bettnässen, früh- 
zeitige Neigung zu Lügen und Phantaste- 
reien, vereinzelte Halluzinationen u. ä. 
Da diese Degenerationszeichen vereinzelt 
sich bei ganz gesunden, ja geistig hoch- 
stehenden Personen finden können, so 
ist nur auf ihre Zahl bei dem einzelnen In- 
dividuum Wert zu legen; sonst sieht man 
schließlich überall nur noch „Degene- 
rierte‘“! 
Dr P. J. Möblus Über Entartung, Grenziragen des 
Nerven- und Seelenlebens 00 Heft III; DrJ. L.A. Koch 
Abnorme Charaktere, Grenzfragen 08 Heft V. Cohn. 
Degradation, militärische Ehrenstrafe, 
teils geboten, teils zulässig, für Unteroffi- 
ziere mit und ohne Portepee, tritt teils von 
Rechts wegen ohne besonderen Richter- 
spruch, teils auf Grund gerichtlicher Ver- 
urteilung ein, ist milder als Versetzung in 
die zweite Klasse des Soldatenstandes, hat 
den Rücktritt in den Gemeinenstand und
	        
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