Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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I. Übersicht über die Entwickelung 
des D. ° 
1. In alter Zeit fand die Gesetzgebung 
im Thing, der Heeresversammlung aller 
freien und wehrhaften Leute, statt. Die 
Gesetze, leges Barbarorum, wurden 
mündlich beschlossen; eine Aufzeichnung 
fand erst nachträglich statt. Die leges 
Barbarorum sind die bei den Franken, Go- 
ten, Sueven, Sachsen für die Stammesange- 
hörigen bestehenden Volksrechte (s. d.). 
Im Gegensatze hierzu gab es leges Ro- 
manae nur für die Römer: im Westgoten- 
reiche und in Burgund. Endlich galt das 
Edictum Theodorici gemeinsam für die 
Ostgoten und Römer. 
2. Die fränkischen Könige erließen Ka- 
pitularien (s. d.). In der Praxis bildeten 
sich Formelsammlungen, die nach Art 
von Musterbüchern die Formen recht- 
licher Handlungen anzeigten und so ein- 
bürgerten. Die Sprüche der Schöffen, 
die Weistümer der Oberhöfe erfreuten 
sich hohen Ansehens und galten als Recht. 
3. In der entwickelteren Zeit wurde von 
privater Seite das Recht zu leichterem Ge- 
brauche gesammelt und aufgezeichnet. 
Eine solche private Sammlung kann man 
nicht ein Gesetzbuch nennen, wohl aber 
ein Rechtsbuch. Die wichtigsten Rechts- 
bücher sind der Sachsenspiegel, verfaßt 
von Eike von Repkow, und das kaiserliche 
Land- und Lehnrecht (Schwabenspiegel). 
An die Rechtsbücher schloß sich eine 
große Zahl von Spiegeln und Richtsteigen 
(Prozeßrechtsbücher) an. 
4. Neben den mehr für weitere Gebiete 
berechneten Rechtsbüchern bestanden 
Rechte kleiner und kleinster Kreise, so 
namentlich die Stadtrechte (s. d.). 
5. Die Gesetzgebung des alten Deut- 
schen Reiches wandte sich erst spät, so- 
dann auch nur vereinzelt dem Privat- 
rechte, dem Prozeßrechte, dem Strafrechte 
zu, so in Landfriedengesetzen, in Polizei- 
ordnungen, endlich in großen staats- und 
strafrechtlichen Gesetzen sowie solchen, 
welche die verschiedensten Gebiete regel- 
ten. Die Gesetzgebung ruhte bei Kaiser 
und Reich, d. h. sie wurde vom Kaiser in 
Verbindung mit dem Reichstage ausgeübt. 
Der Reichstag, der etwa dem heutigen 
Bundesrate verglichen werden könnte, be- 
stand aus den drei Kollegien: Kurfürsten- 
kolleg, Fürstenrat, Städtekolleg. S. König, 
Kaiser, Reichstag. 
6. Daß namentlich auf dem Gebiete des 
  
Deutsches Recht — Diabetes. 
Privatrechtes von seiten des Reiches nur 
wenige gesetzgeberische Akte vollzogen 
wurden, lag in der Hauptsache daran, daß 
durch die Rezeption des Corpus iuris civi- 
lis ein Bedürfnis hierfür sich weniger be- 
merkbar machte; daneben aber kam die 
Geltung partikularer Quellen auf. Seit- 
dem die Territorien selbständig geworden 
waren, fand auch in ihnen eine Gesetz- 
gebung statt. Neben zahlreichen Landes- 
gesetzen erschienen auch Kodifikationen, 
so namentlich in Preußen das Allgemeine 
Landrecht (s. d.). 
Il. Das D hat bereits in seiner ältesten 
Zeit den Gegensatz von Volksrecht und 
Amtsrecht ausgebildet. Das Volksrecht 
war in den leges Barbarorum niedergelegt 
und enthielt so das bei den einzelnen 
Stämmen geltende Recht. Auf Grund des 
Bannrechtes des Königs entwickelte sich 
das Königsrecht als Amtsrecht. 
Sohm Reichs- u. Gerichtsverfassung 1 102; Brunner 
DRGesch 1* 407; Schröder DRGesch * 118. P. 
Deutsches Reich s. Gründung des —, 
Gesetzgebung, Kaiser, Bundesrat, Reichs- 
tag, Beamter, Staatsangehörigkeit, Finanz- 
wirtschaft. 
Devastation, Verschlechterung des 
Grundstückes und dadurch eintretende 
Gefährdung der Sicherheit der Hypothek, 
B 1133; s. Hypothek. 
Devise, Wechsel auf 
Plätze. 
Devolution (KirchenR), der Übergang 
des Besetzungsrechtes einer Stelle bei 
Nichtbesetzung seitens des Berechtigten 
(binnen 3 Monaten); Ausnahmen von der 
D bestehen, falls besondere Ordnung 
durch Konkordate (s. d.) geschaffen ist. 
dextans s. as. 
Dezentralisation, eine Form der Ver- 
waltung, bei welcher in sorgfältiger Diffe- 
renzierung gewisse Befugnisse mittleren 
und unteren Instanzen zu selbständiger 
Entscheidung abgegeben werden. 
Diabetes ist eine chronische Krank- 
heit, welche darin besteht, daß der Orga- 
nismus nicht mehr fähig ist, den Zucker 
bzw das Stärkemehl so zu verwerten, wie 
es ein Gesunder kann. Bei diesem wird 
der Zucker und das Stärkemehl, soweit 
nicht in besonderer Form eine Aufspei- 
cherung in der Leber stattfindet oder eine 
Umwandlung in Fett erfolgt, in den Ge- 
weben zu Kohlensäure und Wasser ver- 
brannt. Der Diabetiker scheidet dagegen 
einen mehr oder weniger großen Teil der 
erwähnten Nahrungsstoffe als Trauben- 
ausländische
	        
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