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rung) bezeichnen dürfen. Derselbe Geld-
betrag gelangt nacheinander in unzählige
Hände; ihn in jeder Hand nach Maßgabe
des zugrunde liegenden Vorganges
zu besteuern, entspricht dem Rechtsbe-
wußtsein; dasselbe ist der Fall, wenn
nicht gleichgeordnete Steuergewalten,
z. B. der Staat und seine Gemeinden,
denselben Ertrag mit gleicher Steuer be-
legen, oder wenn dieselbe Steuergewalt
denselben Ertrag mit verschiedenen Steu-
ern trifft, z. B. den Gewerbeertrag mit
der Gewerbesteuer und im Rahmen der
Einkommensteuer. Auf dem Grenzgebiete
dagegen bewegt sich schon der Fall der
Besteuerung desselben Betrages bei zwei
verschiedenen Steuerträgern, von denen
der eine gewissermaßen nur der vom
Recht konstruierte Vermittler für den Be-
zug des anderen ist. In Preußen kennen
wir zwar nicht die Besteuerung des Er-
trages einer Stiftung und des Einkommens
der einzelnen Stiftungsberechtigten, wohl
aber diejenige der mit Körperschaftsrech-
ten ausgestatteten Erwerbsgesellschaften,
z. B. der Aktiengesellschaften, und der
Gesellschafter. Das Einkommensteuer-
gesetz (vgl unter diesem Art.) hat die
darin liegende Härte auf verschiedenen
Wegen zu mildern gesucht. Ganz auf
dem Gebiete als unzulässig empfunde-
ner D liegen aber die Fälle, daß
gleichgeordnete Steuergewalten dieselbe
Person, denselben Gegenstand mit einer
gleichartigen Steuer treffen. Preußen
unterwirft das Einkommen eines unbe-
schränkt Steuerpflichtigen der Steuer auch
dann, wenn es aus dem Auslande her-
rührt, ohne Rücksicht darauf, daß es im
Auslande besteuert wird; selbst die aus-
ländische Steuer kann nicht gekürzt wer-
den; desgleichen bleibt ein aus Preußen
Ausgewanderter noch zwei Jahre lang
hier steuerpflichtig, also auch von seinem
ausländischen Einkommen, selbst wenn er
im Auslande besteuert wird. Dieser schon
dem Auslande gegenüber hier und da ge-
milderte Zustand, vgl. den Staatsvertrag
mit Österreich vom 21. Juni 1899, Gesetz
vom 18. April 1900, GS 259, muß in
einer engen Staatenverbindung, im Bun-
desstaat, imVerhältnis der einzelnen Glied-
staaten untereinander als unverträglich mit
der gemeinsamen Reichangehörigkeit er-
scheinen, und so ging bereits für den Nord-
deutschen Bund das Gesetz vom 13. Mai
1870, BGBl 119, wegen Beseitigung der
Doppelbesteuerung.
Doppelbesteuerung, demnächst ausge-
dehnt auf das Reich. Freilich beseitigte
es nur die häufigsten Fälle unzu-
lässiger D, indem es die staatliche
direkte Besteuerung eines Deutschen
für die Regel dem Wohnsitzstaate zuwies,
unter Bevorzugung des Wohnsitzes im
Heimatstaate und des dienstlichen Wohn-
sitzes. Dagegen waren Grundbesitz und
Gewerbe sowie das Einkommen daraus
nur vom Staate der Belegenheit, des Be-
triebes heranzuziehen, Beamtengehälter
usw vom zahlenden Staate. Vom 1. April
1909 an sind diese Bestimmungen durch
Gesetz vom 22. März 1909, RGBI 329,
nicht unerheblich geändert. Bestehen ge-
blieben ist, daß regelmäßig der Wohn-
sitz eines Deutschen über das Besteue-
rungsrecht entscheidet, $ 1, bei mehr-
fachen Wohnsitz derjenige im Heimat-
staate, $ 2; fallen der tatsächliche und
der dienstliche Wohnsitz eines Reichs-
oder Staatsbeamten (Militärs) ausein-
ander, so entscheidet im Gegensatz zu
dem bisherigen Recht ersterer; der
dienstliche ist dagegen maßgebend,
wenn der Beamte überhaupt keinen
tatsächlichen Wohnsitz im Deutschen
Reich hat oder neben demjenigen am
dienstlichen Wohnsitz noch einen tat-
sächlichen in einem anderen Staate. Dabei
hat der Wohnsitz eine gesetzliche Be-
griffsbestimmung erhalten; abweichend
von dem zivilrechtlichen Begriff, B 7,
ist er im Sinne des Steuergesetzes da ge-
geben, wo jemand eine Wohnung unter
Umständen innehat, die auf die Absicht
der dauernden Beibehaltung einer solchen
schließen lassen. Die Wohnung muß,
wenn der Steuerpflichtige Familie hat, für
ihn und seine Familie zum dauernden
Aufenthalt geeignet sein und in seinem
ausschließlichen Benutzungsrecht stehen.
Ein bloßes Absteigequartier genügt nicht;
wohl jedoch eine möblierte Wohnung.
Dauernder Benutzung bedarf es nicht; die
Wohnung muß nur jederzeit leicht be-
wohnbar zu machen sein, z. B. begründet
eine Sommervilla auch im Winter Wohn-
sitz ihres in der Stadt lebenden Besitzers.
Dauernde Beibehaltung bedeutet nicht
eine solche auf immer, sondern ist nur
der Gegensatz zum Haben auf eine ge-
wisse oder ungewisse kurze Zeit. Im
Mangel eines Wohnsitzes entscheidet der
Staat des Aufenthalts, $ 2; auch hier ist
nicht jeder beliebige noch so kurze