Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Ägrarwesen. 35 
duktionsgattung vorbehalten ist oder 
wechselt; 
c. nach der Fruchtfolge. 
4. Das historische A (Agrargeschichte) 
zeigt in ältester Zeit eine agrarische Pro- 
duktion in den Geschlechterverbänden, 
die gleichzeitig wirtschaftliche Einheiten 
darstellen. Der Wald und die Wald- 
nutzung bleibt dem größeren Geschlech- 
terverbande auch dann noch gemeinsam, 
nachdem bereits die kleineren Verbände, 
z. B. Sippschaft, Familie, eine wirtschaft- 
liche Einheit darstellen und Acker nutzen. 
— Nach dem Untergange der Geschlech- 
terverbände erstarken die Familien; das 
Land wird unter die einzelnen Familien 
verteilt; es werden ihnen Höfe zugeteilt. 
In Deutschland fand die Aufteilung statt 
nach dem Einzelhofsystem, d. h. der ein- 
zelne erhält ein zusammenhängendes Be- 
sitztum; oder es bestand Flurzwang, 
d. h. der einzelne erhält Stücke Landes, 
die in verschiedenen Gewannen belegen 
sind. 
Das Ödland wurde in der mittelalter- 
lichen Entwickelung von Fürsten okku- 
piert und an Beamte verschenkt oder zur 
Leihe gegeben. Dieses Land wurde an 
Personen in Halbfreiheit oder Sklaverei 
mit der Verpflichtung ausgeteilt, Abgaben 
und Dienste zu leisten. 
Demnach bestanden folgende Abstufun- 
gen nebeneinander: Herrenhöfe; Frei- 
bauernwirtschaften (später jedoch häufig 
vom Grundherrn abhängig und zinspflich- 
tig); bäuerliche Wirtschaften minderen 
Rechtes. 
Die Gutsherrschaft bediente sich zur 
Produktion abhängiger Personen, über 
deren Arbeitskräfte sie auf Grund der Erb- 
untertänigkeit zu verfügen befugt war. 
Die Erbuntertänigkeit umfaßte allmählich 
folgende Lasten: Fronden; Fehlen der 
Freizügigkeit; Gesindedienstzwang; Ver- 
schlechterung des Besitzes. 
Die alte Agrarverfassung ist in der Neu- 
zeit unhaltbar geworden, da sie der Forde- 
derung nach größerer Intensität des Be- 
triebes widerspricht, auch mit der natür- 
lichen Wirtschaftsordnung und den sitt- 
lichen Forderungen der Neuzeit nicht in 
Einklang zu bringen ist. 
Die moderne Agrarreform bezweckte 
daher: 
a. die Beseitigung der Untertänigkeit 
und Herstellung freier Arbeitsverhältnisse, 
insbesondere Aufhebung der Fron- und 
  
Gesindepflichten, ferner noch Gewährung 
der Freizügigkeit; 
b. das Eigentum an Grund und Boden 
soll individuell werden, Erwerb und Ver- 
äußerung soll jedem Inhaber gestattet und 
möglich sein; 
c. die Befreiung des Eigentums von.dem 
dominium directum, von Abgaben und 
Zehnten; 
d. die Beseitigung der alten Verbände 
der Dorfgemeinschaft, insbesondere durch 
Gemeinheitsteilung, Flurbereinigung, Ver- 
koppelung, Zusammenlegung. 
5. Die Entwickelungsfaktoren im A sind 
objektiv, d. i. die Rechtsordnung, die Lage 
des Marktes, und subjektiv, d. h. durch 
die in der Landwirtschaft führenden Per- 
sonen, gegeben. Insbesondere sind für 
die Preisbildung der Agrarprodukte ein- 
zustellen: 
a. die Verteuerung, welche durch Mehr- 
produktion auf einer bestimmten Fläche 
bei einer gewissen Höhe der Technik 
eintritt; 
b. der Marktpreis ist nicht der jeweils 
niedrigste, sondern gerade der jeweils 
höchste Preis der Produktionseinheit. 
Die Einwirkung des Preises auf die 
Entwickelung der Landwirtschaft äußert 
sich für das Betriebssystem in folgenden 
Beziehungen: 
a. Der Preis stellt die Maximalintensität 
für eine bestimmte Zeit, Bodenqualität 
und Entfernung vom Markte dar. 
ß. Die Minimalintensität ist objektiv 
nicht bestimmbar, weil bei minderwerti- 
gen Betriebssystemen zwar geringerer, 
aber dennoch konkurrenzfähiger Ertrag 
erzielt wird. 
Y. Die freie Konkurrenz ist von geringer 
Bedeutung, denn bei fallenden Preisen ist 
zwar extensivere Wirtschaft erforderlich, 
hingegen bei steigenden Preisen intensi- 
vere Wirtschaft nicht notwendig, höch- 
stens wahrscheinlich. 
Die Minimalintensität kann erst dann 
erreicht werden, wenn der Boden ver- 
schuldet oder so klein ist, daß erst bei 
einer gewissen Intensität der Bewirtschaf- 
tung eine Ernährung des Landwirtes und 
seiner Familie möglich ist. — Je größer 
die Intensität, desto stärker ist die Ten- 
denz zur Verkleinerung der Großbetriebe; 
je größer die Extensität, desto stärker ist 
die Tendenz zum Großbetriebe. 
Die Unternehmungsform wirkt nicht 
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