Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Rechten ist E begrifflich nicht denkbar, 
gleichwohl heißt es oft: „ich trete die 
Forderung zu Eigentum ab.‘ — Geistiges 
E ist ein übertragener Ausdruck für Ur- 
heberrecht (s. d.); über Bergwerkseigen- 
tum s. d. 
I. Die Römer unterschieden : dominium 
ex iure Quiritium oder ziviles E; — in 
bonis esse, bonitarisches oder prätorisches 
E (E des Bonitariers). In bonis esse ist 
der Erwerb, der infolge formellen Man- 
gels nach zivilem Rechte nicht als Eigen- 
tumserwerb anerkannt wird. Im Gegen- 
satze hierzu ist bonae fidei possessio der 
redliche Erwerb, der unter einem mate- 
riellen Mangel erfolgte. Das bonitarische 
E wird nicht durch die rei vindicatio, son- 
dern durch die publizianische Klage und 
durch eine Einrede (exceptio rei venditae 
et traditae) geschützt; diese Einrede wird 
nach der emtio venditio deshalb bezeich- 
net, weil Kauf der Hauptfall ist. 
II. Im deutschen Rechte, welches in der 
Gewere (s. d.) ein Mittelding zwischen 
Besitz und E geschaffen hatte, bestand ein 
gespaltenes E; diese Kategorie ging 
darauf zurück, daß im rRe dem Emphy- 
teuta und dem Superfiziar eine vindicatio 
utilis gegeben war, d. h. eine analoge 
Klage; die Glossatoren im 13. sc sahen 
darin aber eine Klage aus dem nutzbrin- 
genden E und unterschieden: dominium 
directum (Obereigentum) und dominium 
utile (Untereigentum). Diese Teilung ist 
von Thibeaut als unrichtig und dem 
Eigentumsbegriffe widersprechend nach- 
gewiesen worden; im Lehnrechte hat sie 
sich jedoch nach ALR I 18 erhalten. 
III. Inhalt des E nach B. Das E ist nur 
insoweit beschränkt, als das Gesetz oder 
Rechte Dritter es beschränken; fallen Be- 
schränkungen weg, so dehnt sich das 
Eigentum von selbst wieder aus (Elasti- 
zität des E). Es besteht eine Vermutung 
für die Freiheit des Eigentumes: grund- 
sätzlich ist das Eigentum unbeschränkt; 
wer eine Beschränkung behauptet, hat die 
Beweislast dafür. — Das Nothilferecht 
(s. d.) nach B 904 ist eine gesetzliche 
Eigentumsbeschränkung. — Das Grund- 
stückseigentum erstreckt sich auf den 
Raum über der Oberfläche und auf den 
Erdkörper unter der Oberfläche; der Ei- 
gentümer kann jedoch Einwirkungen nicht 
verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe 
vorgenommen werden, daß er an der Aus- 
  
Eigentum. 
schließung kein Interesse hat. Über Im- 
mission s. d. und Abwehranspruch. 
IV. Der Erwerb des E vollzieht sich im 
römischen Rechte in derselben Weise an 
Grundstücken (abgesehen von der Ersit- 
zung) wie an Mobilien. Im deutschen 
Rechte wird E an Liegenschaften in öf- 
fentlicher Form erworben; E an Fahrnis 
wird durch Übergabe erworben. Nach B 
wird (wie im deutschen Rechte) grund- 
sätzlich unterschieden: 
1. Die Übertragung des Grundstücks- 
eigentumes (also der derivative Erwerb) 
erfolgt durch Auflassung und Eintragung; 
die Auflassung muß bei gleichzeitiger An- 
wesenheit beider Teile vor dem Grund- 
buchamte erklärt werden. Eine Auf- 
lassung, die unter einer Bedingung oder 
einer Zeitbestimmung erfolgt, ist un- 
wirksam. — Sind der Veräußerer und der 
Erwerber darüber einig, daß sich die Ver- 
äußerung auf das Zubehör des Grund- 
stückes erstrecken soll, so erlangt der Er- 
werber mit dem E an dem Grundstücke 
auch das E an den zur Zeit des Erwerbes 
vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie 
dem Veräußerer gehören; im Zweifel ist 
anzunehmen, daß sich die Veräußerung 
auf das Zubehör erstrecken soll. — Er- 
langt der Erwerber auf Grund der Ver- 
äußerung den Besitz von Zubehörstücken, 
die dem Veräußerer nicht gehören oder 
mit Rechten Dritter belastet sind, so fin- 
den die Vorschriften über den gutgläubi- 
gen Erwerb Anwendung; für den guten 
Glauben des Erwerbers ist die Zeit der 
Erlangung des Besitzes maßgebend. 
2. Der Erwerb des E an beweglichen 
Sachen erfolgt derivativ durch Übertra- 
gung; die Übertragung des E seitens des 
Berechtigten geschieht durch die Eini- 
gung und die Herstellung der erforder- 
lichen Besitzmacht, und zwar: 
a. Übergabe: zur Übertragung des E an 
einer beweglichen Sache ist erforderlich, 
daß der Eigentümer die Sache dem Er- 
werber übergibt und beide darüber einig 
sind, daß das E übergehen soll. 
b. traditio brevi manu: ist der Erwerber 
im Besitze der Sache, so genügt die Eini- 
gung über den Übergang des E. 
c. constitutum possessorium: ist der 
Eigentümer im Besitze der Sache, so kann 
die Übergabe dadurch ersetzt werden, daß 
zwischen ihm und dem Erwerber ein 
Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge
	        
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