Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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geschäfte (sog dingliche Rechtsgeschäfte), 
die aber auch eine zum Nachlaß ge- 
hörende Forderung zum Gegenstande 
haben können; bloße obligatorisch: 
Rechtsgeschäfte, die der Erbscheinerbe 
eingegangen ist, verpflichten den Erben 
auch dann nicht, wenn sie sich auf erb- 
schaftliche Gegenstände beziehen, wie 
auch anderenfalls der von dem Erbschein- 
erben gemachte Erwerb Bestandteil der 
Erbschaft nur insoweit wird, als das Sur- 
rogationsprinzip des B 2019 Platz greift. 
Der Käufer einer Erbschaftssache kann 
also von dem wirklichen Erben nicht die 
Erfüllung des mit dem Erbscheinerben ge- 
schlossenen Kaufvertrags verlangen, son- 
dern der öffentliche Glaube des Ebs hat 
nur zur Folge, daß der wirkliche Erbe 
die vollzogene Übereignung der Sache ge- 
gen sich gelten lassen muß. Ebenso wirkt 
z. B. gegen ihn die — vollendete — Ab- 
tretung einer hypothekarischen Forderung 
durch den Erbscheinerben, während er die 
von dem letzteren eingegangene Ver- 
pflichtung zu der Abtretung nicht zu er- 
füllen braucht. B 2366 findet seine Er- 
gänzung durch B 2367, der dem Erwerbs- 
geschäfte das auf Grund eines erbschaft- 
lichen — dinglichen oder persönlichen — 
Rechtes erfolgende Leistungsgeschäft (wie 
vor allem Kapital- und Zinszahlungen auf 
erbschaftliche Forderungen oder Grund- 
schulden) sowie solche Verfügungsge- 
schäfte gleichstellt, die in Ansehung 
eines erbschaftlichen Gegenstandes vor- 
genommen werden, ohne auf den Erwerb 
des Gegenstandes oder eines Rechtes 
daran gerichtet zu sein. 
Unter die Verfügungsgeschäfte des 
B 2367 fallen die Kündigung, Mahnung, 
Stundung und Aufrechnung, sodann die 
Änderung des Inhalts eines erbschaftlichen 
Rechtes sowie der Rücktritt im Range mit 
einem solchen Rechte. Der Verzicht fällt 
unter B 2366; im übrigen entspricht die 
Anordnung des Gesetzes derjenigen in 
B 892, 893. 
d. Der Schutz des öffentlichen Glaubens 
des Ebs wird nur für den Einzelerwerb ge- 
währt; die Erwerber der Erbschaft oder 
des Anteils eines Miterben sind dadurch 
nicht geschützt. Dies gilt auch insoweit, 
als der Erwerb zur Übertragung der Erb- 
schaftsgegenstände geführt hat, B 2030. 
e. Die in B 2366, 2367 bestimmten Wir- 
kungen kommen nur dem in Kraft befind- 
lichen Ebs zu; dem eingezogenen und 
  
Erbschein. 
dem für kraftlos erklärten Ebs geht jede 
rechtliche Wirksamkeit ab. Die Vorlegung 
des Ebs ist zur Hervorbringung der be- 
zeichneten Wirkungen an sich nicht erfor- 
derlich, vgl RG vom 26. Nov 1906 und 
ZBIFG 8327; der Dritte, der sich den ihm 
vielleicht bei einer früheren Gelegenheit 
vorgelegten Schein bei Eingehung eines 
neuen Rechtsgeschäfts nicht wieder vor- 
legen läßt, handelt aber auf die Gefahr 
hin, daß der Schein inzwischen einge- 
zogen und daher kraftlos geworden ist. 
Und ist der Ebs für kraftlos erklärt, so 
kann sich der Dritte auch nicht darauf be- 
rufen, daß ihm der Schein bei der Var- 
nahme des Rechtsgeschäfts vorgelegt 
wurde. 
C. Im übrigen wird nur der redliche Er- 
werb geschützt und die Berufung auf den 
öffentlichen Glauben des Ebs ist ausge- 
schlossen, wenn der Erwerber die Unrich- 
tigkeit des Ebs kennt. Wie gegenüber 
dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs 
wird also wirkliches Kennen der Unrich- 
tigkeit verlangt, so daß das Kennen- 
müssen, d. h. das auf grober Fahrlässig- 
keit beruhende Nichtkennen der Unrich- 
tigkeit die Wirkungen des Ebs nicht aus- 
schließt. Die Kenntnis von der Unrichtig- 
keit des Ebs, deren Nachweis dem wirk- 
lichen Erben obliegt, wird durch die 
Kenntnis derjenigen Tatsachen vermittelt, 
die dem Inhalte des Scheines und so ins- 
besondere dem bezeugten Erbrecht ent- 
gegenstehen; indessen kann der Erwerber 
sich replikweise darauf berufen, daß er 
sich im Irrtum über die rechtliche Beurtei- 
lung dieser Tatsachen befunden und den 
Ebs deshalb für richtig gehalten habe. 
Weiter versagt das Gesetz die Berufung 
auf den Öffentlichen Glauben des Ebs 
demjenigen, der weiß, daß das Nachlaß- 
gericht die Rückgabe des Scheines wegen 
Unrichtigkeit verlangt hat. Damit wird die 
Rückforderung des Ebs dem im Grund- 
buch eingetragenen Widerspruche gegen 
die Richtigkeit einer Eintragung gleichge- 
stellt; jedoch besteht der Unterschied, daß 
die Berufung auf den öffentlichen Glau- 
ben des Grundbuchs bei der Eintragung 
eines Widerspruchs schlechthin und ohne 
jede Rücksicht auf die Kenntnis des Er- 
werbers davon ausgeschlossen wird, wäh- 
rend bei der Rückforderung eines Ebs die 
— vonder Gegenpartei nachzuweisende — 
Kenntnis des Erwerbers von der Rück- 
forderung hinzukommen muß.
	        
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