Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Erbunwürdigkeit — Erbvertrag. 
tritt in den beiden letzten Fällen nicht ein, 
wenn vor dem Eintritte des Erbfalles die 
Verfügung, zu deren Errichtung der Erb- 
lasser bestimmt, oder in Ansehung deren 
die strafbare Handlung begangen worden 
ist, unwirksam geworden ist, oder die 
Verfügung, zu deren Aufhebung er be- 
stimmt worden ist, unwirksam geworden 
sein würde. 
ll. Die Geltendmachung der Erbun- 
würdigkeit erfolgt durch Anfechtung des 
Erbschaftserwerbes in Wege der An- 
fechtungsklage; der Klageantrag geht da- 
hin, den Erben für erbunwürdig zu erklä- 
ren. Die Anfechtung ist erst nach dem 
Anfalle der Erbschaft zulässig. Einem 
Nacherben gegenüber kann die Anfech- 
tung erfolgen, sobald die Erbschaft dem 
Vorerben angefallen ist. Die Anfechtung 
kann nur innerhalb eines Jahres seit der 
Kenntnis vom Anfechtungsgrunde er- 
folgen. Ausschlußfrist: 30 Jahre. — An- 
fechtungsberechtigt ist jeder, dem der 
Wegfall des Erbunwürdigen, sei es auch 
nur bei dem Wegfalle eines anderen, zu- 
statten kommt. — Die Anfechtung ist aus- 
geschlossen, wenn der Erblasser dem 
Erbunwürdigen verziehen hat. 
IN. Wirkung: ist ein Erbe für erbunwür- 
dig erklärt, so gilt der Anfall an ihn als 
nicht erfolgt. Die Erbschaft fällt dem- 
jenigen zu, welcher berufen sein würde, 
wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erb- 
falles nicht gelebt hätte; der Anfall gilt 
als mit dem Eintritte des Erbfalles erfolgt. 
Über römisches Recht siehe Indignität. 
Erbvertrag ist ein Vertrag, der auf 
die Beerbung eines oder beider Kontra- 
henten gerichtet ist. Nach römischem 
Recht war ein solcher Vertrag, als dem 
Grundsatze der Testierfreiheit widerstrei- 
tend, ungültig. Das deutsche Recht hat 
ihn jedoch als bindend und gültig aner- 
kannt. Das französische und das öster- 
reichische Recht lassen den E(rb)v(ertrag) 
nur unter Ehegatten zu. Das B behandelt 
ihn in 1941 und in dem 4. Abschn des 
5. Buches, 2274— 2302. 
Mit dem Testament hat der Ev das Ge- 
meinsame, daß beide Verfügungen für den 
Fall des Todes treffen. Er unterscheidet 
sich von ihm hauptsächlich dadurch, daß 
er ein zweiseitiges Rechtsgeschäft und, da 
er auf Willensübereinstimmung beruht, 
grundsätzlich unwiderruflich ist. 
Der Ev in dem hier in Betracht kom- 
menden engeren Sinne, (pactum successo- 
  
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rium affirmativum), begründet neue Erb- 
rechte, (p. s. acquisitivum), oder sichert 
solche, die bereits vorhanden sind, (p. s. 
conservativum). Von ihm ist zu unter- 
scheiden der Erbverzicht, (p. s. negativum 
oder renuntiativum), der zwischen ge- 
setzlichen Erben geschlossen wird und 
die Beseitigung bestehender Erbrechte 
zum Gegenstand hat. Von ihm handelt 
der 7. Abschn des 5. Buches des B, 2346 
bis 2352. 
Verschieden von dem Ev ist auch der 
Erbschaftsvertrag (pactum de hereditate 
tertii viventis), dessen Gegenstand der 
Nachlaß eines noch lebenden Dritten und 
der nur zulässig ist unter künftigen ge- 
setzlichen Erben über den gesetzlichen 
Erbteil oder Pflichtteil eines von ihnen. 
Endlich ist von dem Ev zu unterschei- 
den der Erbschaftskauf, als der Vertrag 
über eine bereits angefallene Erbschaft 
zwischen dem Erben und dem Käufer. 
Von ihm handelt der 9. Abschn des 5. Bu- 
ches des B, 2371—2385. 
Der Ev ist neben dem Gesetz und neben 
dem Testament der dritte Grund der Be- 
rufung zu einer Erbschaft. Doch erwirbt 
der Erbe aus ihm noch kein gegenwiärti- 
ges Recht. Die Wirkung des Ev ist viel- 
mehr die gleiche wie die des Testaments: 
das Recht auf die Erbfolge entsteht erst 
mit dem Tode des Erblassers. 
Geschlossen wird ein Ev zwischen dem 
Erblasser und einer anderen Person, die 
entweder selbst Erbe werden oder den 
Nachlaß an einen zum Erben bestimmten 
Dritten herausgeben soll. Daraus ergeben 
sich folgende Arten der Ev: 
I. Der einseitige Ev, durch den ein Erb- 
lasser den andern Kontrahenten zum Er- 
ben einsetzt, 
II. der gegenseitige Ev, durch den beide 
Vertragschließende sich wechselseitig zu 
Erben einsetzen, 
III. der Ev zugunsten Dritter, durch den 
entweder der eingesetzte Erbe verpflich- 
tet wird, einem Dritten die Erbschaft her- 
auszugeben, oder der Erblasser seinem 
Gegenkontrahenten überhaupt keine Zu- 
wendungen macht, sondern ihm lediglich 
das Versprechen gibt, einen Dritten zum 
Erben einzusetzen. 
Der vertragschließende Erblasser muß 
die volle Geschäftsfähigkeit besitzen. Ein 
Alter von 16 Jahren, wie beim Testament, 
genügt nicht. Beim gegenseitigen Ev 
müssen also beide Parteien unbeschränkt
	        
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