Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Fahnenflucht — Fahrlässigkeit. 
Gefängnis von fünf bis zu zehn Jahren. 
Gleichzeitig kann auf Versetzung in die 
2. Klasse des Soldatenstandes erkannt 
werden und der Versuch ist ausdrücklich 
für strafbar erklärt, MS 78. Die Verleitung 
zur und die Beförderung der Ff, begangen 
durch eine dem bürgerlichen Strafgesetz 
unterworfene Person, haben dieStrafe des 
S 141, nämlich Gefängnis von drei Mona- 
ten bis zu drei Jahren, zu gewärtigen. 
Hier ist gleichfalls der Versuch strafbar. — 
Aber auch derjenige, welcher von dem 
Vorhaben einer Ff zu einer Zeit, zu der 
ihre Verhütung möglich ist, glaubhafte 
Kenntnis erhält und es unterläßt, hiervon 
seinem Vorgesetzten rechtzeitig Anzeige 
zu machen, ist zu bestrafen, und zwar, 
wenn die Ff begangen worden, mit Frei- 
heitsstrafe (d. i. Arrest von einem Tage 
bis sechs Wochen, Gefängnis und Fe- 
stungshaft von 43 Tagen an) bis zu sechs 
Monaten und, wenn die Ff im Felde be- 
gangen worden, mit Freiheitsstrafe (Ge- 
fängnis oder Festungshaft) von einem 
Jahre bis zu drei Jahren. Nebenstrafen: 
Dienstentlassung, Degradation, MS 34, 40. 
Zuständig ist für Verfolgung der Ff die 
höhere Gerichtsbarkeit, MC 45, 62; vgl 
aber auch MC 16 Ziff 1 Abs 2. — Wegen 
des Verfahrens gegen Abwesende vgl MC 
356 ff. Sofern die Voraussetzungen der Ff 
vorliegen, kann der Abwesende für fah- 
nenflüchtig erklärt werden, MC 360. We- 
gen Auslieferung Fahnenflüchtiger sind 
die mit den verschiedenen Staaten ge- 
schlossenen Auslieferungsverträge zu ver- 
gleichen, s. Elsnerv. Gronow-Sohl 
Militärstrafrecht 633 ff. 
Vgl Unerlaubte Entfernung. Wichtige Entscheid 
des RMG 1 126, 184. 2 286, 4 195, 5 77, 9 121 (Tate 
stand des Delikts); 253.6 78, 11 162 person des Täters): 
8 76, 7 108, 10 277 (Personen des Beurlaubtenstandes); 
23 '(Militärgefangener): 10 221, 277 (Ft im Komplott); 
1 123, 2 255, 5 256 (Gestellun des Fahnenflüchti en 
innerhalb sechs Wochen): 5 244, 11 298 (Verfahren in 
siehung auf die früheren ontumazialurtelle): 2222, 8 236 
(Wirkung des Fahneneidesf ür die Ff)}; Bendix Fahnen- 
Aucht und Verletzung der Wehrpflicht durch Auswande- 
rung, 06; Autenrieth Kann Fahnenflucht durch Ur- 
laubrüberschreitung be gangen werden ? Recht 12 288; 
Mayer Die Verjährung der Strafverfolgung im Falle der 
Fahnenflucht, Recht 13 86. Eisner v. Gronow. 
Fahnenfluchtserklärung (Militär- 
strafprozeß), öffentliche militärgerichtliche 
Erklärung, daß ein abwesender Beschul- 
digter der dauernden Dienstpflichtentzie- 
hung hinreichend verdächtig ist, ergeht 
auf entsprechenden Beschluß des Ge- 
richtsherrn der höheren Gerichtsbarkeit 
unter Mitwirkung eines Kriegsgerichts- 
rates, nicht obligatorisch, muß im Reichs- 
anzeiger, kann auch durch andere Blätter 
  
  
  
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veröffentlicht werden; vorausgegangenes 
Ermittelungsverfahren notwendig, da- 
gegen nicht Erhebung der Anklage; Ver- 
teidiger und Rechtsmittel unzulässig; hört 
der Zustand der Fahnenflucht auf, so er- 
folgt entsprechende Bekanntmachung. Ab- 
gesehen davon, daß die F(ahnen)f(luchts)- 
E(rklärung) die Verjährung der Strafver- 
folgung wie jede andere wegen der Tat 
gegen den Täter gerichtete Handlung des 
Gerichtsherrn unterbricht, hat dieselbe 
keine unmittelbare rechtliche Wirkung, 
sondern legt nur einen tatsächlichen Zu- 
stand fest; insbesondere spricht sie keine 
Strafe oder Strafandrohung aus. Wird 
der Fahnenflüchtige beigebracht, so 
kommt es im ordentlichen Verfahren zur 
Anklageverfügung und _ kriegsgericht- 
lichen Aburteilung. Meistens ergeht die 
FfE gleichzeitig mit einer Beschlagnahme 
des Vermögens. Jede FfE wird in eine 
besonders vorgeschriebene Liste einge- 
tragen, deren Zweck ist, einer Verjährung 
der Strafverfolgung vorzubeugen. Inso- 
weit hat die Verfügung praktischen Wert 
und mittelbare rechtliche Wirkung. Das 
frühere Ungehorsamsverfahren gegen De- 
serteure ist weggefallen. 
Quellen: MC 856-862, Motive hierzu; MS 69 ff; Dienst- 
und Geschäftsordnung für die Militärgerichtsstellen 6u 
Kommentare von Cl. v. Koppmann, Stenglein; 
Militärstrafrecht von Elsner v. Gronow und Sohl, 
Schlayer; MC von Herz-Ernst, Pechwell, Sei- 
denspinner, Steidle, Sturm und Walde. 
Autenrieth. 
Fahrkarte s. Wertpapiere. 
4 Fahrlässigkeit (BürgR) s. Verschul- 
en. 
Fahrlässigkeit (im S). Die Schuldform 
der F(ahr)l(ässigkeit) ist in der Geschichte 
des Strafrechts erst verhältnismäßig spät 
zur Entwickelung gelangt. Noch die ge- 
meinrechtlichen Kriminalisten behandeln 
die Fahrlässigkeitsdelikte als Quasidelikte. 
Die Fl wird begrenzt auf der einen Seite 
vom Zufall, in dem sie ursprünglich auf- 
ging, und auf der anderen Seite vom Vor- 
satz, dessen Begriffsbestimmung mithin 
auf die der Fl von wesentlichem Ein- 
fluß ist. 
Das S definiert die Fl ebensowenig wie 
den Vorsatz. Das Oesetz gibt aber für die 
Abgrenzung der Fl gegen den Zufall einen 
Anhalt in den $$ 222 Abs 2 und 230 
Abs 2, wonach derjenige, der sich der 
fahrlässigen Tötung und Körperverlet- 
zung schuldig macht, mit erhöhter Strafe 
bedroht wird, wenn er zu der Aufmerk- 
samkeit, dieerausden Augen setzte, be- 
sonders verpflichtet war. Hiernach hat
	        
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