Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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als fahrlässig herbeigeführt im Sinne des 
Strafgesetzes ein deliktuoser Erfolg zu 
gelten, dessen Eintritt auf die Vernach- 
lässigung pflichtmäßiger Aufmerksamkeit 
zurückzuführen ist. Ob der Erfolg vom 
Täter als möglich vorgestellt war oder 
nicht, ist vom Standpunkte dieser sich im- 
plicite aus dem Gesetze ergebenden Be- 
griffsbestimmung der Fl gleichgültig. Die 
„bewußte‘“ FI tritt also zunächst der „un- 
bewußten‘‘ Fl, in der viele die allein mög- 
liche Fl erblicken, ebenbürtig an die Seite. 
Aus der Vorsatzlehre aber ergibt sich die 
Einschränkung, daß die bewußte Fl in den 
Vorsatz übergeht, wenn der Täter den Er- 
folg sich nicht nur als einen möglichen 
vorgestellt, sondern in den Bereich ver- 
nünftiger Berechnung gezogen hat. Das 
Nähere s. unter „Vorsatz“. 
Inderunvorsichtigen Herbeiführung des 
verletzenden Erfolges erschöpft 
sich dasWesen der Fl. Manche (so v. Liszt, 
Frank) weisen darauf hin, daß jemand 
auch fahrlässig handeln könne, wenn er 
den Erfolg selbst gar nicht unvorsichtiger- 
maßen, vielmehr ganz überlegt verur- 
sache, aber ein sonstiges Tatbestands- 
merkmal aus Mangel an Aufmerksamkeit 
nicht kenne: Jemand setzt z. B. eine 
fremde, isoliert stehende Hütte in Brand, 
die er irrtümlich für seine eigene hält. Es 
ist nicht erforderlich, mit Rücksicht auf 
Fälle solcher Art die Fl erweiternd zu be- 
stimmen als „die auf Vernachlässigung 
pflichtmäßiger Aufmerksamkeit beru- 
hende Unkenntnis der zum gesetzlichen 
Tatbestande gehörigen Tatumstände“. 
Denn auch in dem gedachten Falle hat 
der Täter den Erfolg, soweit er verletzend 
ist, fahrlässig verursacht. Von Bedeutung‘ 
ist die Unterscheidung zwischen der sich 
auf den äußeren Erfolg und der sich 
auf die Tatumstände beziehenden Fl je- 
doch für diejenigen Fälle, wo der Täter 
irrtümlich das Vorhandensein eines sog 
negativen Tatumstandes annimmt, ins- 
besondere für den Fall der Putativnot- 
wehr: Wer sich gegen den vermeintlichen 
Angreifer mit Schlägen zur Wehr setzt, 
kann nicht wegen vorsätzlicher, wohl aber 
wegen fahrlässiger Körperverletzung be- 
straft werden, vgl RG 21 189. Soweit 
ferner die Rechtswidrigkeit gesetzliches 
Tatbestandsmerkmal ist, schließt die An- 
nahme einer Befugnis zum Handeln die 
Bestrafung wegen Vorsatzes, nicht aber 
wegen Fl aus: Der Lehrer, der infolge 
Fahrlässigkeit. 
eines vermeidbaren Irrtums sein Züch- 
tigungsrecht überschreitet, hat den ver- 
letzenden Erfolg selbst vorsätzlich her- 
beigeführt; auf Fl beruht dagegen seine 
Annahme eines Strafausschließungsgrun- 
des. 
Fl ist weiter die Außerachtlassung 
pflichtmäßiger Aufmerksamkeit. Ob 
eine Pflicht zur Aufmerksamkeit verletzt 
ist, ist nach einem doppelten Maßstabe zu 
beurteilen. Zunächst nach einem vom po- 
sitiven Recht oder dem Bedürfnis des Ver- 
kehrslebens — vgl B 276: die im Verkehr 
erforderliche Sorgfalt — an die Hand ge- 
gebenen objektiven. Es muß aber, damit 
strafbare Fl vorliege, weiter festgestellt 
werden, daß es dem Täter bei den ihm zur 
Verfügung stehenden Mitteln der Intelli- 
genz und persönlicher Erfahrung möglich 
': gewesen wäre, sich den verletzenden Er- 
  
— ln no m m m on. 
  
folg als wahrscheinliche Folge seines 
Handelns vorzustellen, mithin seine Auf- 
merksamkeit auf den eventuellen schäd- 
lichen Erfolg zu richten. Die Fl ist kein 
Verstandes-, sondern ein Willensfehler. 
Der Täter muß mitBezug aufden 
eingetretenen Erfolg fahrlässig 
gehandelt haben. Wer einen anderen 
beim Spiel durch einen ungeschickten 
Wurf mit dem Ball ins Auge trifft, kann 
zwar wegen fahrlässiger Körperverlet- 
zung bestraft werden, nicht dagegen 
wegen fahrlässiger Tötung, wenn im 
weiteren Verlauf infolge Verunreini- 
gung der Wunde der Tod eintritt, vgl 
RG 28 272. Denn von Spielbällen ist in 
der Regel Todesgefahr nicht zu erwarten. 
Andererseits ist es aber für die Bejahung 
strafbarer Fl nicht notwendig, daß gerade 
dieses Menschen Verletzung oder Tod 
hätte vorausgesehen werden müssen. Wer 
einen schweren Gegenstand zum Fenster 
hinaus auf die lebhaft begangene Straße 
wirft und damit eine Person zu Tode 
trifft, ist der fahrlässigen Tötung auch 
dann schuldig, wenn er den Getroffenen 
am andern Ende der Welt wähnt. Es ge- 
nügt, daß er sich nach Lage der Sache 
sagen mußte, es könne irgendeiner der 
Passanten tödlich getroffen werden. Wie, 
wenn der von vornherein im Gefahrsbe- 
reich der Handlung gelegene verletzende 
Erfolg in casu durch eine singuläre Kau- 
salverkettung entstanden ist? Der auf der 
Straße von dem unvorsichtigen Wurf Ge- 
troffene stirbt z. B. in der zu Heilungs- 
zwecken vorgenommenen Narkose. Die
	        
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