Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Fieber — Finanzwirtschaft des Reiches. 
besteht hauptsächlich in einer Steigerung 
der normalen Körpertemperatur und ist 
nach den heutigen Anschauungen ein Ab- 
wehrmittel des erkrankten Körpers. In 
gesundem Zustande schwankt die Tempe- 
ratur in der Achselhöhle gemessen etwa 
zwischen 36° bis 37,30 C, Die Fieber- 
steigerung, die bis gegen 420 C gehen 
kann, entsteht durch Verminderung der 
Wärmeabgabe gegenüber der Steigerung 
der Wärmeproduktion des Körpers. So 
wichtig die Beobachtung des Fiebers bei 
einer inneren Krankheit ist, da sie oft Art 
und Verlauf erkennen läßt, ebenso bedeu- 
tungsvoll ist sie in der Chirurgie, da die 
Temperaturerhöhung sofort jede Störung 
des Wundverlaufs verrät und zum sach- 
gemäßen Eingreifen auffordert. 
Bei manchen Fiebern treten Delirien 
der Kranken infolge Reizung des Gehirns 
ein; auch spielt die Konstitution des 
Patienten hierbei eine gewisse Rolle. 
In einer solchen geistigen Verwirrung 
können Taten verübt werden, für die der 
Kranke nicht verantwortlich zu machen ist. 
Sachs. 
Fiktion ist eine juristische Tatsache, 
die rechtlich existent ist, aber in Wirk- 
lichkeit nicht besteht, z. B. B 84, 1923 
Abs 2 (embryo moralis und nasciturus). 
Bei den Römern waren Fiktionen sehr 
üblich, so die fictio legis Corneliae, die 
arrogatii. Im klassischen Prozesse 
wurde die Klagformel durch Fiktionen 
erweitert, um die Klage auch auf solche 
Fälle anzuwenden, für die sie ursprüng- 
lich nicht galt; z. B. bei der Publiciana, 
bei Klagen der Peregrinen, vgl Gaius 4 
34—38, 
Die Fiktion ist zwar in der realen Welt 
nicht vorhanden, wohl aber juristisch voll- 
kommen existent. Sie ist zwar erdacht 
wie alles Gedankliche, aber darum nicht 
minder von Wert und Bedeutung. Die 
gegenteilige Auffassung, die namentlich 
von den Anhängern der Germanisten- 
theorie bei der Lehre von der juristischen 
Person vertreten wird, beruht auf anderer 
Betrachtungsweise. 
Vgl Leonhard Cohn (Jullanus) über Begriffsrealismus 
im Recht, in Juristenwelt 1 177. — Siehe auch Gierk 
DPrivR 1 464; Windscheid Pandekten 1 307. P. 
Fiktive Blokade s. Blokade. 
Filangieri, Cajetan, * 18. Aug 1752 
zu Neapel, trat in seinem 14. Lebensjahre 
in den Kriegsdienst, den er jedoch bald 
aufgab, um die Rechte zu studieren und 
Advokat zu werden. Später dann im Hof- 
  
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dienste als Verteidiger der Reformen des 
Ministers Tanucci wurde er 1787 von 
König Ferdinand IV. zum. Finanzrat er- 
nannt, F jedoch schon 21. Juli 1788. Sein 
großes Werk, in dem er das Ideal einer 
Gesetzgebung aufzustellen versuchte, ver- 
schaffte ihm einen europäischen Ruf als 
Staatsrechtslehrer; daß dieses Werk „von 
den Wehen des modernen Zeitgeistes er- 
griffen und getrieben war, ist ohne Zwei- 
fel eine Hauptursache des allgemeinen 
Beifalls, den es erhielt‘, neben den Lei- 
stungen seiner großen Zeitgenossen, vor 
allem Montesquieus, und selbst neben den 
Arbeiten seines älteren Landsmannes 
Vico darf es kaum genannt werden. 
La Scienza della legislazione, Neapel 1781 —88, 8 
Genua 179%, 8, Filadelfia [Livorno] 1799 und 
807 und 1812, 5, Mailand 17, 5, Catania 19, 4, 
u. ö., auch in zahlreichen Übersetzungen), soll 
eine Ergänzung des vorbildlichen Meisterwerkes 
Montesquieus sein, als eine Politik der Gesetz- 
gebung die Regeln der Gesetzgebung aufstellen, 
aber es ist zu phantastisch, naiv, oberflächlich, 
um den Vergleich mit dem großen Vorbilde be- 
stehen zu können, das es nur durch systema- 
tischere Ordnung übertrifft. Dessenungeachtet 
ist es reich an modernen, fruchtbaren Gedanken, 
wie in der begründeten Forderung der Preßfrei- 
heit als eines allgemeinen Rechtes und insbe- 
sondere in denjenigen Teilen, die Strafrecht, 
Strafprozeß, Stratvollzug behandeln. Am schwäch- 
sten ist die Darstellung der allgemeinen Staats- 
lehre. Aber für die Beurteilung des Gesamt- 
werkes wird man nicht vergessen dürfen, daß 
ein früher Tod die durch viele praktische Ar- 
beiten in Anspruch genommene Kraft Filangieris 
an der Vollendung seines Gedankenbaues ge- 
hindert hat. Bogeng. 
Filiationsklage s. Kindschaftssachen. 
Finanzministerium (Preußen) seit 
1810; in 3 Abteilungen: I. Etats- und 
Kassenwesen; Il. direkte Steuern; III. in- 
direkte Steuern und Zölle. Unter dem F 
steht die Generalstaatskasse, die Haupt- 
verwaltung der Staatsschulden, die See- 
handiung, das Kgl Leihamt. 
Finanzwirtschaft des Reiches. Die 
Einnahmen und Ausgaben werden all- 
jährlich durch den Staatshaushaltsetat 
(s. d.) festgesetzt; seine Grundlagen sind 
jedoch dauernder Art, wenn sie auch fort- 
währenden Änderungen unterliegen. Die 
Finanzreform von 1909 kann im folgen- 
den (als noch nicht abgeschlossen) noch 
nicht berücksichtigt werden. 
I. Das Vermögen des Reiches. 
1. Finanzvermögen ist das werbende 
Vermögen des Reiches, nämlich: 
a. Die Reichseisenbahnen in Elsaß- 
Lothringen, die das Reich für 325 Mil-
	        
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