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ziehung jetzt eine völlige Einheit im
Deutschen Reiche herbeigeführt ist.
Es regelt außerdem in dem 1. Abschnitt
„Allgemeine Vorschriften‘‘ wesentlich im
Anschluß an die Z das Verfahren bei
Anträgen und Beschwerden, den Streit
über die Zuständigkeit, die Ausschließung
von Gerichtspersonen, Vertretung, Ar-
menrecht, Fristen, die Form und Be-
kanntmachung gerichtlicher Verfügungen
usw.
Die Abschnitte 2—10 enthalten Vor-
schriften über die einzelnen oben erwähn-
ten Materien und der Abschnitt 11 gibt
in „Schlußbestimmungen‘“, wie üblich,
Vorschriften über das Inkrafttreten und
das Verhältnis zum Reichsrecht sowie
Vorbehalte zugunsten des Landesrechts.
Kielnrath.
Freizeichen. Im Reichsges über den
Markenschutz vom 30. Nov 1874 waren
die F(rei)z(eichen) als Warenzeichen defi-
niert, welche bisher im freien Gebrauche
aller oder gewisser Klassen von Gewerbe-
treibenden sich befunden haben. Das
Warenbezeichnungsges vom 12. Mai 1894
enthält keine Definition des Freizeichen-
begriffes, schließt vielmehr im $ 4 Abs 1
lediglich Fz von der Eintragung in die
Rolle aus. Die in den Motiven vertretene
Auffassung, der Begriff des Fz stehe fest,
hat in der Praxis zunächst zu manchen
Kontroversen geführt und sich somit nicht
als stichhaltig erwiesen. Nach der herr-
schenden Meinung sind Fz solche an sich
schutzfähigen Zeichen, welche für be-
stimmte Waren in freiem und verhältnis-
mäßig allgemeinem Gebrauch stehen und
deshalb im Verkehr nicht als individuelle
Warenzeichen gelten. Somit ist das Fz be-
grifflich kein Warenzeichen, vielmehr
steht es geradezu in einem Gegensatz zum
Warenzeichenbegriff.
Sowohl Bildzeichen wie Wortzeichen
können Fz sein, die Freizeicheneigen-
schaft ist aber nicht absolut, sie erstreckt
sich vielmehr immer nur auf bestimmte
Waren. Daß ein Fz in gewisser Beziehung
zur Ware steht, etwa auf ihren Ursprung
hinweist oder dgl, ist nicht erforderlich.
Eine Zurückweisung kann nur dann er-
folgen, wenn die Freizeicheneigenschaft
bereits zur Zeit der Anmeldung vorlag.
War die Freizeichenbildung zu diesem
Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, so ist
das Zeichen immer noch als Sonder-
zeichen schutzfähig. Mit Rücksicht auf
Freiwillige Gerichtsbarkeit — Freizeichen.
$ 20 des Ges muß auch solchen Zeichen
die Eintragung versagt werden, welche
mit einem Fz zum Verwechseln ähnlich
sind. Ob ein eingetragenes Zeichen sich
in ein Fz umwandeln kann, wenn es von
seinem Inhaber fortgesetzt nicht benutzt
wird, wohl aber von anderen Gewerbe-
treibenden, ist streitig. Die Entscheidung
der Frage, ob der allgemeine Gebrauch
des Zeichens einen solchen Umfang an-
genommen hat, daß er die Freizeichen-
feststellung zur Folge hat, richtet sich nach
den Verhältnissen des Falles, ein abso-
luter Maßstab für den Umfang des Mitge-
brauchs anderer kann nicht aufgestellt
werden. Regelmäßig setzt die Frei-
zeichenbildung längere Zeiträume voraus,
bei Massenartikeln genügt meist schon
eine kurze Zeit. Der Mitgebrauch des
Zeichens muß ein freier sein, er darf nicht
gegen die gute Verkehrssitte verstoßen.
Bei der Freizeichenprüfung ist grundsätz-
lich die Auffassung des deutschen Ver-
kehrs maßgebend, unter Umständen ist
aber bei der Abwägung des Sonderge-
brauchs und des Mitgebrauchs auch auf
ausländische Verhältnisse einzugehen.
Die Feststellung, ob ein Fz vorliegt,
stand früher ausschließlich dem erkennen-
den Richter zu. Nach dem Warenbezeich-
nungsges hat nur das Patentamt über
die Freizeicheneigenschaft zu entscheiden
und die Eintragung eines Zeichens ent-
hält, abgesehen von einigen speziellen
Ausnahmefällen, eine die Gerichte unter
Ausschluß des Freizeicheneinwandes bin-
dende Entscheidung. Ist ein Fz zu Un-
recht als Warenzeichen eingetragen, so
ist eine Abhilfe nur gemäß $ 8 Abs 2
Ziff 2 des Warenbezeichnungsges gege-
ben, indem bei dem Patentamt beantragt
werden kann, die Löschung des Waren-
zeichens wegen Freizeicheneigenschaft zu
beschließen. Die Wahl der Mittel, aus
welchen die Überzeugung zu gewinnen
ist, ob ein Fz vorliegt, ist ganz in das Er-
messen des Patentamtes gestellt.
Die durch endgültigen Beschluß fest-
gestellten Fz werden im Warenzeichen-
blatt, das vom Patentamt herausgegeben
wird und monatlich erscheint, ver-
öffentlicht.
Denkschrift über die Geschäftstätigkeit des Patent-
amtcs in den Jahren 1891--1900 259 ff; Meves Das Frei-
zeichen und seine Bedeutung im Sinne des Geketzes vom
12. Mai 1884 in Archiv für Strafrecht $3 1; Rhenlus
in der Zeitschrift für angewandte Chemie 97 Heft 56;
Allfeld Individual- und Freizeichen in der DJZ 99 124,
sowie in der Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und
Urheberrecht 5 8; Veracius Illoyale Konkurrenz und