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Unterbringung eines Minderjährigen in
einer geeigneten Familie oder in einer
Erziehungsanstalt aus einem anderen
Grunde als zur Verhütung seiner sittlichen
Verwahrlosung an, so ist die Unterbrin-
gung Gegenstand der Armenpflege, soweit
nicht die Kosten von dem Minderjährigen
oder von anderer Seite getragen werden.
Erfolgt die Unterbringung ganz oder zum
Teil im Wege der Armenpflege, so ent-
scheidet darüber, ob der Minderjährige in
einer Familie oder in einer Anstalt unter-
zubringen sei, in Städten mit der revidier-
ten Städteordnung der Stadtrat, im übri-
gen die Amtshauptmannschaft; die letz-
tere hat vor der Entscheidung in Städten
ohne die revidierte Städteordnung den
Bürgermeister, auf dem Lande den Ge-
meindevorstand oder Gutsvorsteher zu
hören. Bei nicht vollsinnigen, schwach-
und blödsinnigen Minderjährigen, die
schulpflichtig sind, ist vor der Entschei-
dung das Gehör der Bezirksschulinspek-
tion erforderlich.“
Kommentare. Preußen: Aschrott 2,07, Schmitz
4,08, Gordan-Lehmann-Niese, 07, Noelle 8, 08;
Wittig, 01; Materialien bei Schmitz u. Aschrott; Bayern:
vonder Ptordten,02, Englert, 02; Hamburg: Pe-
tersen u. Vogt, 07; Baden: Dorner in Bad. Rechts-
lizeiges Komm 672, Karlruhe, 02; Württemberg: Kiene,
. Plsaß-Lothringen: Molitor Kommentar z. Ausf-B. —
Lehrbücher, Handbücher. Reicher Die Fürsorge für
die verwahrloste Jugend, Wien, Manz, 04 u. 06; derselbe
Die Theorie der Verwahrlosung und das System der Er-
satzerziehung, Wien, Manz, 08; Landsberg Das Recht
der Zwangs- und Fürsorgeerziehung, Berlin, Rothschild, 08;
Collard L’öducation protectrice de l’enfance en Prusse,
Löwen 08; Agahd Jugendwohl und Jugendrecht (populär,
besonders wertvolle Literaturnachweise), Halle, Sc el,
07; Leonhard Die ZwE im Strafrecht, Berlin 07. —
Gesamtdarstellungen (kleineren Umfanges). Schmitz in
BStaatslexikon 2 FEuZwE; Löhning in Conrads Jahrb
22 1; Landsberg in Stier-Somlos Jahrb des VerwaltR
8477u. 4; Landsberg i. Stengels Wörterb; Petersen
Die öffentliche Fürsorge für die sittlich gefährdete Jugend,
07. — Fortlaufend folgende Zeitschriften : Jugendfürsorge,
Verlag Pagel, Berlin; Zentralblatt f. Vormundschaften, Gra-
bowsky und Becke, Verlag Heymann, Berlin; Jugendwohl-
fahrt, Verlag Teubner, Berlin: Rheinische Fürsorgeerzie-
hungsBl. Verlag Köhler, Elberfeld. — Aufsätze und Mono-
gap ien: Schiller PrVerwBl 08 545; Schiller,
chmidt und Koehne 1. Schr des Deutschen Vereins
für Armenpflege 64 16: Horion Abgrenzung der Befug-
nisse, Gruchots Beltr 47 67: Krohne Erziehungsanstalten,
Berlin 01; Landsberg Erste Vorbeugung in Jugendfür-
sorge 08 H 1-4; Köhne DJZ 08 Nr. 4; Muskat
ArchBürgR 20 265; Lindenau PrVerwBl 23 619;
Schmölder DJZ 11 190; Arlt ebd 111199; Simon-
son BiGefängK 836 359; Winter DJZ 6154; Lindenau
DJZ 6 207; Schmidt PrVerwBl 23 291, 724; Jackstein
ZtPoliz 04 501; Schlenther Jugendfürsorge 04 711: Leh-
mann Selbstverwaltung 07 113; Leo DJZ 8 247; Krauß
PrVerwBi 22 595; Th iesing Recht 05 76; Schulzky
Recht 058 338; Fuhrmann Recht 05 12; Kuhn-Kelly
Vorpostengefecht, Pierson, Dresden 08; Kriegamann
MonSchrKrimPsych 08 1938; Lehmann PrVerwBi 29
00. Landsberg.
Fürstbischof s. Bischöfe.
Fürstentag s. Deutscher Bund.
furtum s. Privatdelikte.
Fußspuren. Unter dieser Bezeich-
nung werden in der Regel sämtliche Spu-
ren verstanden, welche der menschliche
Fuß hinterläßt, also sowohl die Spuren
Fürsorgeerziehung — Fußspuren.
des nackten wie des mit irgendeinem
Schuhwerk bekleideten Fußes, und ferner
sowohl „Eindrücke‘ des Fußes im Erd-
boden oder sonst einer weichen Masse
wie „Abdrücke‘ auf harter Unterlage, die
dadurch entstehen, daß der mit einem
Farbstoffe oder auch einer farblosen Flüs-
sigkeit benetzte Fuß die Unterlage be-
rührt. Als Abdrücke sind ferner auch die
Spuren zu bezeichnen, die dadurch ent-
stehen, daß der auf harter Unterlage be-
findliche Staub an der berührenden Sohle
haften bleibt. Die Mehrzahl aller F(uß)-
s(puren) hat das eine gemeinsam, daß sie
sehr schnell vergänglich sind. Bei ihrer
wohl genugsam bekannten Bedeutung für
die Aufklärung zahlreicher Verbrechen bil-
det ihre „Konservierung“ eine der wich-
tigsten und dringendsten Aufgaben des
Kriminalisten, zumal ihre Verwertung oft
erst lange Zeit nach der Tat möglich ist.
Die einfachste Methode besteht in einer
eingehenden Beschreibung der Spur, ge-
nauem Abmessen sämtlicher Dimensionen
und der Anfertigung einer Zeichnung. Am
besten gelingt dies bei Spuren von be-
schuhten Füßen; dieselben sind scharf
umgrenzt; Abnutzungen und Verletzun-
gen der Sohle sowie ihre Ausbesserungen
(Flicken, Rester usw) und eine etwaige
Benagelung geben zahlreiche brauchbare
Merkmale, und die Maße sind meist zu-
verlässig, am ehesten die des Absatzes.
Ein unzuverlässiges Maß ist sehr oft die
vom Absatz zur Spitze gemessene ganze
Länge der Spur. Bei im Stehen erzeug-
ten Spuren drückt sich oft die Spitze gar
nicht mit ab, bei Gehspuren „gleitet‘‘ die
Spitze, namentlich im weichen Boden,
mehr oder weniger. Auf sehr weichem,
schlammigem Boden gleitet der Fuß nach
allen Richtungen, so daß die meisten
Maße ungenau sind. Was die Länge an-
belangt, so ist sie schließlich bei der Spur
oft dadurch geringer als bei der Sohle,
daß der Fuß beim Gehen gekrümmt, in
einer „Bogenform‘ aufgesetzt wird. Ob
dies der Fall ist, läßt sich daran erkennen,
daß bei der „Bogenform‘‘ die Enden der
Spur tiefer eingedrückt sind als die Mitte.
Bei allen Messungen ist nie ein Bandmaß,
sondern stets ein Maßstab zu verwenden.
An Spuren von nackten Füßen lassen sich
genaue Messungen nicht vornehmen, da
die Umgrenzungslinien nicht scharf sind.
Es ist daher bei Identifizierungsversuchen
das Hauptgewicht auf die Formen der ein-