Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

54 Allgemeine Gütergemeinschaft. 
ist hier von dem anderen Nachlasse ge- 
trennt zu halten, das Recht des überleben- 
den Ehegatten, welches sich bereits vor- 
her auf das Gesamtgut erstreckt hatte, und 
welches nur durch das Recht des erstver- 
storbenen Ehegatten beschränkt war, wird 
bei dem Ableben des anderen Ehegatten 
von einer solchen Beschränkung frei. Das 
ordentliche Erbrecht erstreckt sich nur 
auf das Sondergut und Vorbehaltsgut, 
während die auf den Verstorbenen ent- 
fallende Hälfte des Gesamtgutes keinen 
Bestandteil seines Nachlasses im Sinne 
des ordentlichen Erbrechtes bildet. Den 
gemeinschaftliiihen Abkömmlingen, so- 
weit sie bei gesetzlicher Erbfolge als Er- 
ben berufen sein würden, wird die Teil- 
nahme am Gesamtgute gewährt. Auchbei 
der fortgesetzterr Gütergemeinschaft ist 
das Rechtsverhältnis eine Gemeinschaft 
zur gesamten Hand, die gesetzliche Nor- 
mierung entspricht derjenigen der allge- 
meinen ehelichen Gütergemeinschaft. An- 
ordnungen der Ehegatten, welche sich im 
Widerspruch mit den gesetzlichen Vor- 
schriften über die fortgesetzte Güterge- 
meinschaft befinden, sind gemäß B 1518 
unzulässig, soweit nicht letztere durch 
Ehevertrag oder durch letztwillige Verfü- 
gung überhaupt ausgeschlossen ist. Der 
überlebende Ehegatte ist befugt, die Fort- 
setzung der Gütergemeinschaft abzuleh- 
nen; im Fall der Ablehnung gehört 
der Anteil des verstorbenen Ehegatten 
am Gesamtgute zum Nachlaß, und 
die Beerbung des Ehegatten erfolgt 
nach den allgemeinen Vorschriften, B 
1484, 1482. Die fortgesetzte Güter- 
gemeinschaft endigt mit dem Tode des 
überlebenden Ehegatten und durch Wie- 
derverheiratung, ferner durch Vertrag 
zwischen dem überlebenden Ehegatten 
und den anteilsberechtigten Abkömm- 
lingen, sowie durch einseitige Erklärung 
des überlebenden Ehegatten in öffentlich 
beglaubigter Form gegenüber dem für 
den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten 
zuständigen Gerichte, B 1492—1494. Auch 
kann ein anteilsberechtigter Abkömmling 
gegen den überlebenden Ehegatten auf 
Aufhebung der fortgesetzten Güterge- 
meinschaft klagen, die Klagegründe sind 
B 1495 aufgezählt. Nach der Beendigung 
der fortgesetzten Gütergemeinschaft fin- 
det in Ansehung des Gesamtgutes die 
Auseinandersetzung statt, welche in An- 
lehnung an die Auseinandersetzung bei 
  
der allgemeinen ehelichen Gütergemein- 
schaft vollzogen wird, B 1497 ff, und zwar 
mit der Maßgabe, daß an die Stelle des 
Mannes der überlebende Ehegatte, an die 
Stelle der Frau die anteilsberechtigten Ab- 
kömmlinge treten. In gewissen Fällen 
wird übrigens der Eintritt der fortgesetz- 
ten Gütergemeinschaft durch einseitige 
Verfügung eines Ehegatten ausgeschlos- 
sen, auch kann der Anteil eines gemein- 
schaftlichen Abkömmlings unter bestimm- 
ten Voraussetzungen gemindert oder ent- 
zogen werden, B 1511 ff. 
Für die vor dem Jahre 1900 geschlos- 
senen Ehen läßt Einf-B 200 das bisherige 
Recht unberührt, die zahlreichen partiku- 
larrechtlichen Systeme der allgemeinen 
Gütergemeinschaft bleiben also für diese 
Ehen bestehen, soweit nicht die Landes- 
gesetzgebungen von der ihnen zugespro- 
chenen Befugnis, die Güterstände der 
ihrer Gerichtsbarkeit unterliegenden Ehen 
aus der Zeit vor 1900 mit dem 1. Januar 
1900 in die ihnen entsprechenden oder 
ihnen ähnlichsten Güterstände des B um- 
zuwandeln, Gebrauch gemacht haben. So 
hat prAusf-B 44 ff hinsichtlich der 
Ehen mit preußischen Domizil zu 
Neujahr 1900 durch die allgemeine Gü- 
tergemeinschaft folgende Partikularrechte 
ersetzt: die allgemeinen Gemeinschaften 
des Preußischen Landrechtes, des Code 
civil, des Königlich sächsischen Gesetz- 
buches und des westfälischen Gesetzes 
vom 16. April 1860, die Hamburger, die 
Bremer, die lübische allgemeine Güterge- 
meinschaft und die verschiedenen allge- 
meinen Gütergemeinschaften, welche in 
zahlreichen Städten und Enklaven von 
Schleswig-Holstein, Hannover, Hessen- 
Nassau, Hohenzollern, Coburg und Gotha, 
in Bayreuth, Kastell, Schweinfurt und 
Wimpfen, in den Fürstentümern Hohen- 
lohe und Kempten und in der Grafschaft 
Erbach galten. In ähnlicher Weise haben 
andere Einzelstaaten eine Umwandlung 
der partikularrechtlichen Güterrechtssy- 
steme angeordnet. 
Motive zum Entwurfe eines B IV 326 ff u. 147 ff; Osen- 
stätter in der BayrNot7 O1 ff und 98ff; Hübler im 
Blatt f. RAnw 66 259; Gildemeister in Goldschmidts 
Zeitschrift für Handelsrecht 54 (offene Handelsgesellschaft 
zwischen Eheleuten beim Vorliegen der allg. Glitergemelin- 
schaft); Schefold Die allgemeine Glitergemeinschaft des B, 
Ulm 18989; Lücken Die allg. eheliche Gütergemeinschaft 
nach dem Gesetz vom 18.IV.60 und nach dem B, Göttingen 
1899; Jacobi Dieallg. Glitergomeinschaft nach Osnabrücker 
Stadtrecht im Vergleich mit dem B, Buxtehude 1900; Neu- 
mann Handausgnabe des B Il zu $8 1437—1518; Dornburg 
Das bilrgerliche Recht des Deutschen Reichs und Preußens IV 
(4. Aufl. N 201 ff, 8856-62; Planck Kommentar zum B IV 
(3. Aufl. 06) 238 ff und die anderen zum B erschienenen Kom- 
mentare zu 86 1437—1518. Otto Krüger.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.