Gehör — Geisteskrankheit.
nach den Nervenendigungen der Gehör-
nerven übertragenden System der Gehör-
knöchelchen. Diese Endigungen befinden
sich in einem schneckenartigen Gehäuse
und in drei aufeinander senkrecht stehen-
den Bogengängen.
So fein das Unterscheidungsvermögen
für hohe und tiefe Töne ist (wir empfinden
Töne von 16 und Töne von 32 000 Schwin-
gungen), so wenig zuverlässig können wir
in vielen Fällen die Schallrichtung be-
stimmen. Sachs.
Gehör, beiderseitiges, s. Maximen.
Geib, Karl Gustav, * 12. Aug 1808 zu
Lambsheim, trat 1832 in den bayerischen
Staatsdienst, ging im selben Jahre als Mit-
glied der Regentschaft nach Griechenland,
wo er bis 1834 blieb, folgte 1836 einem
Rufe als a. o. Professor nach Zürich, wo
er 1842 o. Professor wurde. Seit 1851 in
gleicher Eigenschaft in Tübingen, 7 er hier
am 23. März 1864.
Von seinen Schriften sind (neben meist
im „Archiv für Kriminalrecht‘‘ erschienenen
Abhandlungen) hervorzuheben: Darstellung
des Rechtszustandes in Griechenland wäh-
rend der türkischen Herrschaft und bis zur
Ankunft Königs Otto I., Heidelberg 35; Die
Reform des deutschen Rechtslebens, Leipzig
48; Geschichte des römischen Kriminalpro-
zesses bis zum Tode Justinians, Leipzig 42;
Lehrbuch des deutschen Strafrechts, Leipzig
62—63, 2 (unvollendet). Boge
ng.
Geisteskrankheit bezeichnet in der
medizinischen Terminologie eine erwor-
bene Psychose zum Unterschiede von dem
angeborenen Schwachsinn, der mit dem
Terminus Geistesschwäche belegt wird.
Entgegen dieser medizinischen Scheidung
gelten, in erster Linie forensisch, gerade
Idioten, Katatoniker, Paralytiker als
„Geisteskranke“ und z. B. Epileptiker,
Hysterische, schwere Hypochonder als
„Geistesschwache“. Daher tut der Sach-
verständige gut, die Ausdrücke G(eistes)-
k(rankheit) bzw Geistesschwäche im Ent-
mündigungsverfahren z. B., bei dem es
vor allem hierauf ankommt, zu vermeiden
und dafür neutrale zu gebrauchen, z. B.
„seelenstörung“, „Geistesstörung‘‘, „Irre-
sein‘ u. a. m.; erst dann sollte er die Ter-
mini „Geisteskrankheit‘‘ und ‚„Geistes-
schwäche‘“ anwenden, wenn der Grad der
Einwirkung der geistigen Störung hin-
sichtlich der Erledigung der Angelegen-
heiten des zu Entmündigenden zur Ab-
schätzung steht. Gk und Geistesschwäche
sind in psychiatrischem Sinne keine Ge-
gensätze; jene ist der umfassendere, wei-
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tere Begriff, der jede schwere Form gei-
stiger Störung umfaßt, diese, die Geistes-
schwäche, der engere, der als leichtere
Form vornehmlich das Minus zwar in der
intellektuellen Fähigkeit sieht, aber kei-
neswegs einen Defekt auf dem Gebiete
der Affekte und der Moral außer acht
läßt. Die beiden Begriffe im gesetzlichen
Sinne zu fixieren vermag man vielleicht
am treffendsten, wenn man auf die Lei-
stungsfähigkeit des in Frage stehenden
Individuums im praktischen Leben rekur-
riert und sie in Relation zu den kindlichen
Altersstufen bringt. Ein solches ist ge-
mäß B 104 als geschäftsunfähig und we-
gen „Gk“ zu entmündigen, sobald es auf
der Stufe eines Kindes bis zu 7 Jahren
steht, mag hier nun Idiotie oder Paranoia
oder Imbezillität oder Paralyse im medi-
zinischen Sinne vorliegen; geht die Lei-
stungsfähigkeit etwa der eines 10- oder
15jährigen Individuums parallel, so
kommt „Geistesschwäche“ in Frage, mag
nun Imbezillität oder Paranoia oder Epi-
lepsie ohne tiefgreifende Demenz oder
schwere Neurasthenie u. ä. im .medizini-
schen Sinne bestehen. Erhebliche epilep-
tische Verblödung, heftige manische Er-
regung, hochgradige Depression mit
Schwachsinn, schwere angeborene Defekt-
zustände, progressive Paralyse, Idiotie
und Imbezillität starken Grades u. ä. wer-
den wohl im allgemeinen die Heranzie-
hung des B 104 rechtfertigen. Zu be-
achten ist die „gutachtliche Äußerung der
kgl wissenschaftlichen Deputation für das
Medizinalwesen betreffs Begutachtung im
Entmündigungsverfahren nach B 6“
(Vierteljahrschrift für gerichtl Me-
dizin IH. Folge 27 1902 Heft 4
S 413): „Es handelt sich also in
dem Schlußsatz eines Entmündigungsgut-
achtens nicht um die Stellung einer ärzt-
lichen Diagnose, sondern um die Folge-
rung, welche aus der vorher zu stellen-
den ärztlichen Diagnose und aus der Fest-
stellung des Grades der Krankheit in Be-
zug auf die Ausdrücke ‚Gk‘ oder ‚Gei-
stesschwäche‘ im Sinne des B zu ziehen
ist.“ — Die Differenzierung beider Be-
griffe ist sonach quantitativ und geht pa-
rallel den Folgen der verschiedenen Ent-
mündigungsformen, so daß ein an Para-
noia erkranktes Individuum je nach seiner
Fähigkeit die Außenwelt in ihren Bezie-
hungen zu sich noch einigermaßen richtig
zu erfassen oder nicht das eine Mal im